RAV-Regionalgruppe Berlin
E-evidence: Gerichtsniederlagen und Glühwein
Tom Jennissen
Seit dem Sommer trifft sich die Berliner Regionalgruppe wieder halbwegs regelmäßig im Garten eines Neuköllner Hausprojektes. Im Mittelpunkt stehen natürlich der kollegiale Austausch und die Möglichkeit, sich in netter und entspannter Runde kennenzulernen und zu vernetzen. Aber auch inhaltliche Diskussionen sollen nicht zu kurz kommen.
Im Juli fanden sich erstaunlich viel Kolleg*innen zu einem Thema zusammen, das zwar leider zum anwaltlichen Alltag gehört, aber nur äußerst selten offen diskutiert wird: ›Der Umgang mit Niederlagen vor Gericht‹. In einer sehr konstruktiven und vertrauensvollen Diskussion wurden nicht nur der individuelle Umgang, die mangelhafte Fehlerkultur der Justiz im Allgemeinen und der Wert kollegialer Unterstützung diskutiert. Vor allem wurde deutlich, dass es eines reflektierten und sehr bewussten Umgangs mit den Widrigkeiten der real existierenden Justiz wie auch der eigenen Rolle und der begrenzten Handlungsmöglichkeiten darin bedarf. Es wurde sehr klar, dass das Thema viele Kolleg*innen umtreibt und der Wunsch nach einer weiteren kollektiven und professionellen Auseinandersetzung mit dem Thema groß ist.
Im Oktober gab es einen Input zu verschiedenen aktuellen netzpolitischen Themen. Vorratsdatenspeicherung, e-evidence oder Plattformhaftung können zwar konkrete Auswirkungen auf die anwaltliche Arbeit haben, stellen aber vor allem rechtspolitisch eine Herausforderung für einen linken Anwält*innenverein dar. Dies gilt nicht zuletzt für die Pläne der EU zur sogenannten Chatkontrolle, die uns in den nächsten Monaten und Jahren noch beschäftigen werden. Auch wenn die Runde nicht so groß war wie im August, floss anschließend noch reichlich Glühwein an der Feuertonne.
Tom Jennissen ist Rechtsanwalt in Berlin, Mitglied im erweiterten Vorstand des RAV, im Vorstand des Komitees für Grundrechte und Demokratie sowie Redakteur der Zeitschrift CILIP/Bürgerrechte und Polizei