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Mietmängel und Mängelrechte. Handkommentar.

Michael Selk, Mietmängel und Mängelrechte. Handkommentar (3. Auflage). Baden-Baden 2020

Eine Rezension von Henrik Solf

Wie in anderen Rechtsgebieten auch wird die mietrechtliche Fachliteratur von einer kaum überschaubaren Zahl von Kommentaren und Handbüchern dominiert. Daher müssen Rechtsanwält*innen auf der Suche nach der Lösung eines Problems immer wieder neu entscheiden, ob sie sich in die Tiefen der Rechtsdogmatik begeben wollen oder doch lieber auf rechtspraktische Hinweise konzentrieren möchten.

Mit seinem nunmehr schon in der dritten Auflage erschienenen Praxiskommentar zu Mietmängeln und Mängelrechten gelingt dem in der Branche auch als »Schimmeldrosten« bekannten Michael Selk die Auflösung dieses Dilemmas. Seine bemerkenswert lesbare Aufbereitung eines der zentralen mietrechtlichen Themengebiete ist vor allem für Mietrechtspraktiker*innen von großem Interesse. Selk beschränkt sich nicht – wie viele andere Kommentator*innen – auf die Darstellung der Rechtslage und deren dogmatischer Erörterung. In seinen Ausführungen zu den Vorschussansprüchen aus § 536a BGB gibt er z B. seinen Leser*innen eine ausführliche Handlungsanleitung zur Umsetzung dieser zu Unrecht unterbewerteten Norm des Mietgewährleistungsrechts.

WOHLTUENDE DISTANZ

Mit einer wohltuenden kritischen Distanz referiert Selk zudem nicht einfach nur die das Wohnungsmietrecht in besonderer Weise beherrschende Rechtsprechung des BGH. Er setzt sich mit dieser immer wieder ausführlich auseinander. Schon die Einleitung zum Buch setzt dahingehend Maßstäbe. Dabei macht er die rechtsdogmatischen und rechtspraktischen Probleme dieser Rechtsprechung deutlich und zeigt Argumentationslinien auf, die über diese hinaus gehen. An dieser Stelle sei hier exemplarisch auf die ›Bolzplatzentscheidung‹ des BGH (Urteil vom 29.04.2015 – VIII ZR 197/14) verwiesen, zu deren schärfsten Kritiker*innen Selk bekanntermaßen zählt. Zu Recht widmet er diesem Urteil viel Aufmerksamkeit, so dass es allein im Stichwortverzeichnis seines Buches schon eine halbe Spalte einnimmt. Ähnliches gilt für das durch das Urteil des BGH vom 17. 06. 2015 – VIII ZR 19/14 – faktisch beerdigte Zurückbehaltungsrecht, das – worauf Selk zurecht hinweist – besser als Leistungsverweigerungsrecht zu bezeichnen ist.

ES FEHLT DER MANGEL

Leider lässt Selk die Aufwendungsersatzansprüche von Mieter*innen aus § 555a Absatz 3 BGB unerwähnt. In einem Praxiskommentar zum Mängelgewährleistungsrecht sollten diese aber nach Ansicht des Rezensenten unbedingt besprochen werden. Gerade etwa zur Höhe des Ersatzes eigener Bemühungen der Mieter*innen sind Rechtsprechung und Literatur noch immer recht dürftig. Diese Kritik wird in einer weiteren Auflage sicherlich zu berücksichtigen sein, kann aber die uneingeschränkte Empfehlung des Rezensenten für die aktuelle Auflage dieses Praxiskommentars nicht in Frage stellen.

Henrik Solf ist Rechtsanwalt in Berlin, Fachanwalt Mietrecht & Wohnungseigentumsrecht und Mitglied im RAV.

Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion eingefügt.