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50 Jahre Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen

Die VDJ hat Geburtstag

Waltraut Verleih

Am 24. September 2022 fand im Literaturhaus in Frankfurt/Main eine Festveranstaltung zum 50jährigen Bestehen der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) statt. Begleitet wurde die Veranstaltung mit einer Podiumsdiskussion zu dem Sammelband »Streit ums Recht«. Neben Henner Wolter von der VDJ, Rolf Gössner und Konstanze Plett nahm auch der RAV-Vorsitzende Peer Stolle teil. In diesem als Festschrift konzipierten und bei VSA veröffentlichten Band sind auch der RAV mit je einem Artikel von Lukas Theune zu der Ausweitung des politischen Strafrechts und von Peer Stolle zum Zustand des Strafrechts allgemein enthalten.

Begonnen hat die Veranstaltung mit der Begrüßung durch den Vorsitzenden der VDJ, dem Kollegen Joachim Kerth-Zelter. Neben einigen Blitzlichtern zu der Geschichte der VDJ haben auch insgesamt acht Organisationen Grußworte an die VDJ gerichtet. Die Rede unseres Vorstandsmitglieds Waltraut Verleih dokumentieren wir im Folgenden. An dieser Stelle nochmal Alles Gute, liebe VDJ! Auf die nächsten 50 Jahre! (die Red.)

Grusswort des RAV zum Jubiläum ›50 Jahre VDJ‹

Auch wir, die Kolleginnen und Kollegen des RAV, freuen uns, der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. zum 50. Geburtstag gratulieren zu können.
Wir gratulieren damit auch zu einem unglaublichen 50jährigen und immer noch anhaltenden Engagement. Ein Engagement, das immer noch den Leitprinzipien der Gründung der VDJ entspricht, für Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzutreten. Und immer noch einer antifaschistischen Tradition verpflichtet und dem Kampf gegen nationalistische und rassistische Strömungen und Bestrebungen.
Seit vielen Jahrzehnten – und darüber freuen wir uns immer wieder – kreuzen sich die Wege der VDJ und des RAV zu vielen Themen. So sitzt nicht zufällig heute auch unser Vorsitzender, Peer Stolle, mit auf dem Podium; Mit-Autor der Veröffentlichung »Streit ums Recht« – quasi die heutige ›Festschrift‹ – obwohl den Ausdruck vermutlich niemand hören mag.

Verlässlicher Bündnispartner

Die VDJ ist und war für den RAV ein besonderer und immer ein besonders verlässlicher Bündnispartner. Sei es bei der Gestaltung rechtspolitischer Initiativen, der wissenschaftlichen und politischen Gegenwehr bei ent-demokratisierenden Gesetzesvorhaben oder der zunehmend ent-demokratisierenden und rechtsstaatsfeindlichen ›Auswüchse‹ im juristischen Alltag – zunehmend für uns ein ›polizeilicher‹ Alltag.
Seit Ende der 1990er Jahre gehören die VDJ, wie auch der RAV – Ursula Mende hat es schon erwähnt – zu den zehn Bürgerrechtsorganisationen, die jährlich rund um den Verfassungstag am 23. Mai den Grundrechte-Report herausgeben, den Report zur

Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland

Dieses Jahr hat Ferda Ataman, die im Juli 2022 zur Antidiskriminierungsbeauftragten der Bundesregierung gewählt wurde – alle erinnern sicher noch die Diskussion um ihre Nominierung – den Grundrechte-Report der Öffentlichkeit präsentiert. Dies mit den Worten »Viele denken bei der Wahrung von Bürger*innen - und Menschenrechten ausschließlich an Regime im Ausland. Aber auch wir bei uns müssen die verfassungsmäßigen Grundrechte schützen und verteidigen…«.
Genau das machen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der VDJ, mit Ihren vielfältigen Aktivitäten das ganze Jahr: verfassungsmäßige Grundrechte schützen und verteidigen.
Zu einer weiteren Ihrer bundesweit geachteten Aktivitäten gehört auch ihr Hans-Litten-Preis. Ein Preis, den Sie an Juristinnen und Juristen verleihen, die in besonders hohem Maße demokratisches Engagement bewiesen haben. Die oft über viele Jahrzehnte für die Einhaltung der Bürger*innen- und Menschenrechte im In- und Ausland streiten, für ihre und unsere berufliche und rechtspolitische Arbeit – oft unter Einsatz auch ihres Lebens bzw. ihrer wirtschaftlichen Existenz. In diesem Jahr – heute – wird, und das ganz zu Recht, unsere italienische Kollegin, die italienische Rechtsanwältin Simonetta Crisci aus Rom für ihr herausragendes jahrzehntelanges Engagement als Vorkämpferin für die Verteidigung der Menschenrechte geehrt.
Insbesondere geht es ihr um die Rechte von Frauen, Migrant*innen und Asylsuchenden – und auch um die Kolleg*innen in der Türkei, die in ihrer Arbeit unterstützt werden, weil sie durch den türkischen Staat kriminalisiert, verfolgt und an ihrer freien Berufsausübung gehindert werden. Denn wir alle wissen: Ein Angriff auf eine*n von uns, ist ein Angriff auf uns Alle, ein Angriff auf die freie Advokatur.

Hans Litten-Preis 2018

Wir als RAV hatten die große Ehre 2018 den Hans Litten-Preis der VDJ für den »Anwaltlichen Notdienst zum G20-Gipfel« in Hamburg zu erhalten. Gemeinsam mit dem »Ermittlungsausschuss« hatte der »Anwaltliche Notdienst« des RAV ein Legal Team zusammengestellt, bestehend aus 80 bundesweit ansässigen Kolleginnen und Kollegen. Wir haben Inhaftierte in der Gefangenensammelstelle aufgesucht, diese zu Anhörungen über eine Gewahrsamnahme oder bei Haftbefehlsanträgen begleitet, juristisch beraten und unterstützt, aber auch Demonstrationsbeobachtungen durchgeführt.
Bei unserem Einsatz für einen ungehinderten Zugang zum Recht, sind wir auf nicht unerwartete, aber unglaubliche Widerstände gestoßen. Zumal die Hamburger Innenbehörde Demonstrationsverbote unter anderem damit begründete, dass der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein, zu dessen Mitgliedern auch einige anwaltliche Vertreterinnen und Vertreter der Beschwerdeführer vor dem VG und OVG gehörten, »gefährlich weit links« stünde.
Deshalb war die Ehrung durch die VDJ mit dem Hans Litten-Preis 2018 für uns nicht nur eine große Freude, sondern eine ganz besondere Ehre und Genugtuung, in der Durchsetzung von Rechten schutzbedürftiger Menschen durch die VDJ derart geachtet zu werden. Durch eine VDJ, die seit über 50 Jahren für die Durchsetzung von Rechten schutzbedürftiger Menschen steht. Deshalb noch mal an dieser Stelle: Dankeschön für diesen Preis.
Gerade auch jetzt, in einer Zeit, in der sich die sozialen und politischen Verhältnisse immer weiter zuspitzen und in der es für uns Juristinnen und Juristen wirklich genug zu tun gibt und wir achtsam sein müssen, wohin sich Gesetz und Rechtsprechung entwickeln, sind wir alle auch auf breite Bündnisse, Solidarität und Vertrauen angewiesen. In diesem Sinne: auf ein auch weiterhin konstruktives kämpferisches Miteinander.

Und nochmals im Namen des Vorstandes des RAV – herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.

Waltraut Verleih ist Rechtsanwältin in Frankfurt/M. und Vorstandsmitglied im RAV. Die Rede hielt sie am 24. September 2022.

Die Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion eingefügt.