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Austausch in Berlin 2017

Bericht von den Berliner RAV-Regionaltreffen

Nele Kliemt und Anne-Kathrin Krug

Regionaltreffen haben im RAV eine lange Geschichte, auch in Berlin. So lag etwa eine recht aktive Phase solcher Treffen, zu denen auch regelmäßig alle Berliner Mitglieder eingeladen wurden und die teilweise außerordentlich gut besucht waren, in den Jahren 2008 bis 2009; aus ihnen ging eine Vielzahl weiterer Initiativen des RAV hervor. Das zunächst letzte Berliner Regional-Treffen gab es im März 2016, fand dann aber keine Fortsetzung. Auch aus diesen Perspektiven hoffen wir auf weiterhin regen Zuspruch für den neuen Anlauf – und die bundesweite Erweiterung solcher Runden (die Red.).

WIE KAM ES ZUR IDEE?

Ende 2016 wurde besonders bei Mitgliedern, die noch nicht sehr lange im RAV sind, der Wunsch nach einem regelmäßig stattfindenden Treffen auf regionaler Ebene geäußert. Den Hintergrund bildete eine seit dem Eintritt gewachsene Unzufriedenheit, nur Mitgliedsbeiträge zu zahlen, ab und an Informationen und einmal im Jahr eine Einladung zur Mitgliederversammlung zu erhalten. Ansonsten gab es den Eindruck, wenig von den Kolleg*innen und den einzelnen (auch gerade in Planung befindlichen) Aktivitäten mitzubekommen. Damit verknüpft waren weitere Fragen, beispielsweise wie der RAV arbeitet, welche Möglichkeiten bestehen, sich inhaltlich im RAV zu engagieren oder auch Austausch mit den Kolleg*innen zu pflegen, besonders wenn man noch keine oder nur wenige Kolleginnen und Kollegen kennt.

DER AUFTAKT

Um nicht noch eine zusätzliche Struktur und damit Verpflichtung für die überlastete Mitgliedschaft aufzubauen, sollte der Gedanke verfolgt werden, keine feste Gruppe zu bilden, sondern ein möglichst niedrigschwelliges regelmäßig stattfindendes Treffen zu organisieren. Eingeladen werden sollten alle Berliner Anwält*innen im und um den RAV sowie Referendar*innen, die Zeit und Lust haben, sich zu treffen, auszutauschen und inhaltlich zu besprechen. Das erste Treffen war daher zunächst ein Versuch, herauszufinden, ob diese Idee Anklang findet und ob noch andere bisher nicht artikulierte Wünsche bestünden, die an uns herangetragen werden würden.

1. REGIONALTREFFEN BERLIN

Am 31. Januar fand dann um 19.00 Uhr im Haus der Demokratie und Menschenrechte das erste Treffen statt. Die Initiator*innen Nele Kliemt, Peer Stolle und Anne-Kathrin Krug haben anfangs die Idee eines solchen Treffens erläutert. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde wurden die Erwartungen und Wünsche an ein solches regelmäßig stattfindendes Regionaltreffen zusammengetragen und diskutiert. Am Ende des Austauschs wurde deutlich, dass es ein Interesse daran gibt, ein regelmäßiges Regionaltreffen alle zwei bis drei Monate vorzusehen. Nele Kliemt und Anne-Kathrin Krug sollten die Organisation für das Jahr 2017 übernehmen. Es wurde das Interesse geteilt, jedem Treffen einen inhaltlichen Aufhänger zu geben – in Form eines Vortrags, kurzen Inputs oder Erfahrungsberichts mit anschließender Diskussion. Es sollte um regionale, aber auch tagespolitisch aktuelle bundesweite Themen gehen. Auch Raum für ›untypische‹ Themen, wie z.B. Erbrecht und Verteilungsgerechtigkeit, sollte bestehen. Es wurde der Wunsch geäußert, Berichte aus den Arbeitsgemeinschaften des RAV zu erhalten oder von einzelnen Anwält*innen, die in interessanten Verfahren vertreten bzw. vertreten haben. Die Möglichkeit, dass das Treffen auch als Plattform zur Vorstellung eigener Ideen oder Projekte genutzt werden kann, sollte bestehen. Am Ende wurde deutlich, dass nicht nur die Vernetzung und der Austausch der Teilnehmenden verschiedener Spezialgebiete für wichtig befunden wurde, sondern auch der persönliche und politische Austausch.
Wir haben dann mögliche Themen für weitere Treffen gesammelt und festgelegt, worum es beim jeweils nächsten Treffen gehen sollte. Am Ende folgten bereits Berichte aus der Runde, beispielsweise über das Wahlanfechtungsverfahren nach der Wahl zum Vorstand der Rechtsanwaltskammer in Berlin. Den Ausklang fand das erste Treffen mit einem informellem Austausch in der Kneipe.

2. REGIONALTREFFEN BERLIN

Der Aufhänger des Treffens am 29. März im Familiengarten in Kreuzberg war der Bericht des Berliner Kollegen Lukas Theune über die unrechtmäßige Räumung von Vereinsräumen in der Rigaer Straße 94. Es ging um – für den RAV relativ untypische – rechtliche Mittel des Zivilrechts wie Besitzschutz, einstweilige Verfügungen, erstaunlich hilfsbereite Gerichtsvollzieher*innen und sogar um englisches Gesellschaftsrecht. Darüber hinaus gab es weitere Berichte und Informationen aus der großen Runde der Teilnehmenden, bspw. zur Kammerversammlung in Berlin, zu den Vorbereitungen des Anwaltlichen Notdienst im Rahmen des G20-Gipfels in Hamburg.

3. REGIONALTREFFEN BERLIN

Den Schwerpunkt des Treffens am 31. Mai, ebenfalls im Familiengarten in Kreuzberg, bildete der Bericht um die Vorbereitungen des Anwaltlichen Notdienst zum G20-Gipfel in Hamburg und die Berichte um die versammlungsrechtlichen Fragen zu den Camps und den angemeldeten Demorouten. Vor allem die zu erwartende Infrastruktur in der Gefangenensammelstelle (Anzahl der Gewahrsamsplätze, der Bereitschaftsrichter*innen, der zur Verfügung gestellten Anwaltszimmer und der Arbeitsbedingungen vor Ort). Es wurde noch für die Unterstützung des Anwaltlichen Notdienst geworben, da die Hamburger*innen befürchteten, es könnten nicht genügend Anwält*innen zur Bewältigung der Arbeit bereitstehen. Kolleg*innen, die bereits am Anwaltlichen Notdienst zum G8-Gipfel in Heiligendamm beteiligt waren, berichteten von den Vorbereitungen und den Abläufen im Jahre 2007. Weitere Berichte, unter anderem zu den Prozessbeobachtungen in der Türkei und zum 30jährigen Jubiläum der EDA im September 2017 folgten (vgl. dazu den Bericht in diesem Heft).

4. REGIONALTREFFEN BERLIN

Das 4. Regionaltreffen fand am 13. September in der KuB statt. Die Kollegin Berenice Böhlo stellte die Vereinigung Europäischer Demokratischer Anwälte (EDA/AED) vor. Da der RAV Gründungsmitglied der EDA ist und auf ein langjähriges Engagement im Rahmen der EDA zurückblickt, richtet der RAV das 30. Jubiläum der EDA aus. Über die Vorbereitungen wurde berichtet und die Einladung an die Kolleg*innen wiederholt. Anlässlich des EDA-Jubiläums war eine Anwältin aus der Türkei zu Gast und berichtete von den jüngsten staatlichen Repressionsmaßnahmen gegen Kolleg*innen der türkischen progressiven Anwaltsvereinigung ÇHD. Anschließend wurde darüber diskutiert, inwiefern eine Prozessbeobachtung in der Türkei mit Repressionsgefahren verbunden sein kann.
Die Kolleg*innen Benjamin Hersch und Carola Handwerg berichteten aus ihrer Arbeit im AK Mietrecht und zu den Erfolgen, aber auch Schwierigkeiten, in der Zusammenarbeit mit sozialen Bewegungen, wie etwa mit der Inititive Kotti & Co. Das löste eine größere Debatte über den Nutzen, aber auch die möglichen Hemmungswirkungen von anwaltlichem Engagement in sozialen Bewegungen aus, und es gab den Wunsch, dieses Thema in Zukunft noch weiter zu vertiefen. Das 5. Regionaltreffen fand am 13. Dezember und damit nach Redaktionsschluss statt. Eingeladen war die Politologin Dagi Knellessen, die zu der juristischen Aufarbeitungsgeschichte der NS-Massenverbrechen nach 1945 und insbesondere zum Umgang mit jüdischen Überlebenden in bundesdeutschen NS-Prozessen aus dem Vernichtungslager Sobibor forscht (vgl. dazu den Beitrag von Dagi Knellessen in diesem Heft).

FAZIT

Ohne eine Auswertung der Regionaltreffen Berlin für 2017 vorwegzunehmen, können wir feststellen, dass das Treffen sowohl von den Kolleg*innen und Referendar*innen (auch solchen, die keine Mitglieder des RAV sind oder waren) gern wahrgenommen wurde. Es haben jeweils zwischen 12 und 15 Leute auch unterschiedlicher Generationen teilgenommen. Es gab jedes Mal auch neue Interessierte, die bisher noch keinen Kontakt zum RAV hatten. Ob und wie wir weitermachen, müssen wir demnächst entscheiden. Wir, d.h. Nele Kliemt und Anne-Kathrin Krug, können für uns aber sagen, dass wir die Treffen bisher sehr informativ und auch anregend fanden. Über eine Fortsetzung, in welcher Form auch immer, würden wir uns freuen.

Nele Kliemt und Anne-Kathrin Krug sind RAV-Mitglieder und Rechtsanwältinnen in Berlin.