"Es gibt nicht einmal Verwundete"
Vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund ist auch die Tätigkeit als Jurist eine gänzlich andere als bspw. in Europa. Dies betrifft zum einen das berufliche Selbstverständnis. Für nicht wenige Studierende der Rechtswissenschaft sowie insbesondere auch Rechtsanwälte stellt die juristische Tätigkeit in ganz besonderem Maße eine emanzipative Perspektive, einen Weg gesellschaftlicher Veränderung dar. Schließlich besteht ein wesentlicher Teil der Aufgaben darin, die Rechte von Individuen und Gruppierungen einem Staat gegenüber einzuklagen, der sich in weiten Teilen nicht an seine eigenen Gesetze hält. Insofern sind die Tätigkeit als Jurist und das Engagement für einen grundlegenden sozialen und gesellschaftlichen Wandel keineswegs ein Widerspruch, sondern entsprechen sich vielmehr mitunter.
Don Eduardo, bitte stellen Sie doch kurz das Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo und seine Arbeit vor.
In diesem Sinne verteidigen wir zum einen die Menschenrechte, indem wir Menschrechtsverbrechen öffentlich machen und politische Gefangene vor Gericht verteidigen. Als politische Gefangene verstehen wir neben Angehörigen der bewaffneten Organisationen, die sich in Oppositionen zum kolumbianischen Staat befinden, auch Mitglieder von sozialen Organisationen, also Parteien, Gewerkschaften, Bauern-, Indigena- und Studentenorganisationen, die aufgrund ihrer Aktivitäten kriminalisiert werden. Darüber hinaus arbeitet das Kollektiv auch mit den Opfern von Menschenrechtsverbrechen als zivilem Teil des bewaffneten Konfliktes und kümmert sich um ihre Rechte. Dies beinhaltet u.a. die Vertretung der Opfer in Strafprozessen bei Fällen von Folter, extralegalen Hinrichtungen und Verschwindenlassen durch Tun oder Unterlassen des Staates oder durch Taten einzelner Personen, die direkt oder auch nur mittelbar für den Staat arbeiten, wie z.B. im Fall der Paramilitärs. Dies alles machen wir sowohl vor der ordentlichen Strafgerichtsbarkeit als auch vor Militärstrafgerichten, deren Zuständigkeit sich nach der jeweils aktuellen Gesetzgebung richtet.2
Weiterhin vertreten wir auch Klagen gegen den Staat vor den Verwaltungsgerichten um bspw. Entschädigungen zu erreichen, wenn der Staat ein Verbrechen oder Delikt verübt und damit einer Familie, Person, der Gesellschaft oder politischen und sozialen Organisationen Schaden zufügt. In diesem Zusammenhang versuchen wir auch, Disziplinarprozesse gegen staatliche Funktionäre anzustrengen, die sich an Verbrechen beteiligt oder diese möglich gemacht haben, um die Entfernung solcher Krimineller aus dem öffentlichen Dienst zu erreichen. Schließlich versuchen wir bspw. auch, in Fällen von Massenvertreibungen zu helfen, damit der Staat ein Mindestmaß der Rechte dieser Leute auf Gesundheit, Bildung, Ernährung und Wohnraum respektiert und damit seiner Verantwortung gerecht wird.
Gehen Sie bei all dem auch auf internationaler Ebene vor?
Sie haben bereits angedeutet, dass es neben diesen konkreten juristischen Tätigkeiten auch eine eher politische Ebene in ihrer Arbeit gibt. Wie sieht diese aus?
Wie hat sich die Arbeit des Kollektivs entwickelt und wie sind Sie persönlich zu dieser Arbeit gekommen?
Dann, etwa 1978/1979, begann aufgrund der Repression des Staates die Kriminalisierung der Gewerkschaftsführer, die man anfing wegen des Vorwurfs der Rebellion3 und der Verschwörung vor der Militärgerichtsbarkeit anzuklagen. Aufgrund dessen brauchten viele Arbeiter, mit denen ich damals zusammengearbeitet habe, juristischen Beistand, so dass wir angefangen haben, auch im Bereich des Militärstrafrechts zu arbeiten. Ab dem Jahr 1982, als wir bereits als Kollektiv zusammenarbeiteten, haben wir viel Gefangenenarbeit gemacht. Danach haben wir an Klagen gegen den Staat gearbeitet, weil sich die Repression durch paramilitärische Gruppen ausgeweitet hatte. Also haben wir angefangen, neue Wege zu gehen und den Staat und seine Verwaltung wegen unterlassener Strafverfolgung und weit verbreiteter Straflosigkeit zu verklagen. Den Erfahrungen internationaler Menschenrechtsorganisationen folgend haben wir die Fälle auf eine internationale Ebene gebracht.
Später haben wir uns auch mit den Prozessen der sozialen Wiedereingliederung von Mitgliedern der Guerilla-Bewegung, z.B. im Jahr 1990, beschäftigt und waren 1991 am Prozess der Beratung über eine neue Verfassung in der Verfassungsgebenden Nationalversammlung beteiligt.4 Dort waren wir als Ratgeber einiger bereits wieder eingegliederter Mitglieder von bewaffneten Gruppen tätig, die wir bereits früher verteidigt hatten. Infolgedessen gab es eine neue Amnestie und einen Straferlass, wobei wir in der Wiedereingliederung der betroffenen Gefangenen tätig waren.
Danach haben wir verstärkt auf internationalem Niveau gearbeitet, weil sich die Modalitäten der Repression verändert hatten. Es war nötig, die Gefangenen und Verfolgten zu betreuen, die sich nicht wiedereingegliedert hatten, wie z.B. im Fall des ELN oder der FARC sowie Teilen des EPL.5 Diese unterlagen nach der Wiedereingliederung eines Teils der Guerilla-Bewegung einer verstärkten sowohl juristischen als auch politischen Repression und bekamen die Formen des schmutzigen Krieges6 ganz besonders zu spüren. Ich denke, dass wir in diesem Bereich auch heute noch unsere Koordination und Arbeit ausbauen müssen, um den internationalen Druck weiter zu erhöhen. Denn diejenigen, die 1990 wiedereingegliedert wurden, haben natürlich aufgehört, ihre bis dahin ausgeübte internationale Arbeit fortzuführen.7 Eher im Gegenteil: Sie haben sich teilweise gegen die Menschenrechtsorganisationen gewandt.
Welche Organisationen sind denn in diesem Prozess wiedereingegliedert worden?
An all diesen Prozessen habe ich als Anwalt teilgenommen und dadurch fast das ganze Land kennen gelernt. Dabei konnte ich den Leuten auf persönlicher Ebene helfen, bei der Qualifizierung und Organisierung, durch Begleitung und Betreuung und natürlich auf juristischer Ebene. Dies betraf Indigenas, Bauern, Arbeiter, politische Opposition und Leute, die sich auch tatsächlich im bewaffneten Widerstand befanden. Ich habe so ziemlich jede Art von Organisation und Menschen aus allen Gegenden verteidigt.
Schließt dies auch Paramilitärs mit ein?
Ist das Anwaltskollektiv selbst von Repression betroffen?
Natürlich kämpfen wir für die Menschenrechte, aber man kann uns nicht einzelnen Organisationen zuordnen. Nach 27 Jahren der beschriebenen Arbeit in diesem Land kann man eben nicht behaupten, dass wir Teil der Guerilla-Bewegung sind. Selbst wenn man mit einem gekauften Zeugen eine falsche Anklage konstruieren würde: Es ließe sich nicht beweisen, dass wir Teil einer Guerilla sind, schon weil unsere tägliche politische Arbeit eine gänzlich andere Sprache spricht, mit unseren Kontakten zu den Vereinten Nationen und der OAS, nach unseren Gesprächen mit verschiedenen Regierungen und unserer Teilnahme an internationalen Konferenzen. Es wäre ganz einfach nicht glaubhaft.
Es stellt also einen Schutz dar, dass Sie derart renommiert und anerkannt sind?
Andererseits bietet die internationale Arbeit einigen Schutz, bspw. durch die Zusammenarbeit mit der interamerikanischen Menschenrechtskommission der OAS. Und es gibt natürlich internationalen Druck von Menschenrechtsorganisationen, von Regierungen, der EU und der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen, nicht nur alleine für das Kollektiv, sondern auch für andere Menschenrechtsorganisationen. Und wir haben die Begleitung der Peace Brigades International.
Gab es bereits konkrete Angriffe auf Anwälte des Kollektivs oder Leute, mit denen das Kollektiv arbeitet?
Wie viele politische Gefangene gibt es in Kolumbien?
Andererseits gibt es etwa 4.000 Gefangene, gegen die wegen politischer Delikte ermittelt wurde, die aber vor allem Bauern sind. Sie stammen aus Regionen, die entweder von der Guerilla kontrolliert werden oder die Brennpunkt der Auseinandersetzungen sind. Aufgrund der damit einhergehenden Beziehungen der Bauern zu den Guerillas sehen diese sich verpflichtet, den bewaffneten Organisationen Nahrungsmittel zu verkaufen. Aber sie sind nicht Teil der Guerilla, das ist wichtig klarzustellen, auch wenn es manchmal freundschaftliche Beziehungen gibt oder die Bauern die Kämpfer mitunter kennen und ihnen verbunden sind. Manchmal ergibt sich auch die Notwendigkeit, dass Guerillas bspw. wegen starken Regens auf dem Gelände von Bauern Unterschlupf suchen. Wenn also Leute der Guerilla ankommen, bietet man ihnen Kaffee oder etwas anderes zu trinken an, wie es auf dem Land Tradition und Brauch ist, wenn jemand müde an dein Haus kommt. Dies bedeutet aber nicht, dass diese Bauern Guerillas sind. Auch gibt es Fälle, in denen Familienangehörige zur Guerilla gegangen sind; diese Leute sind also keine Fremden für die Bauern, sie kommen ans Haus und grüßen oder schlafen bspw. im Hof. Die Kämpfer der Guerilla sind eben oft Leute aus der Region, Bekannte. Diese problematische historische Konstellation gibt es in vielen Gebieten des Landes.
Schließlich finden sich in den Gefängnissen Bauern- und Arbeiterführer, Mitglieder von selbstverwalteten kommunalen Organisationen und politische Oppositionelle, die als Guerilleros kriminalisiert werden, weil sie sich gegen Ziele der Regierung wenden, wie z.B. das Referendum, die Wiederwahl des Präsidenten oder Regierungsdekrete, wie z. B. das Anti-Terroristen-Statut.10 Auch diese politisch Verfolgten sind keine Guerilleros, aber sie stellen mit mindestens 4000 Personen in den Gefängnissen die Mehrheit der politischen Gefangenen.
Wie ist die Situation der politischen Gefangenen in den Gefängnissen?
Diejenigen, die der Staat für Kommandanten der Guerillas hält, sind in Hochsicherheitsgefängnissen mit totaler Isolation inhaftiert, wie z. B. Francisco Caraballo, Francisco Galán und Simón Trinidad.
Was bedeutet Isolation in diesem Zusammenhang?
Sonstige Gefangene, die der Staat für Mitglieder der Guerilla hält, werden in Hochsicherheitsabteilungen untergebracht, wie z. B. in Barne, wo 700 Gefangene wegen politischer Delikte in einem solchen Trakt sitzen. In einer anderen, davon getrennten Abteilung sitzen die Paramilitärs. Gefangene, die der Staat für nicht so wichtig hält, wie z.B. Angehörige der Guerilla-Milizen oder Kollaborateure, werden in den allgemeinen Gefängnissen einfach in abgetrennten Abteilungen untergebracht, so dass sie nicht mit den normalen Gefangenen zusammen sind. Es gibt also diese differenzierte Unterbringung. Vor allem aber wird versucht, die Leute nicht in den Landesteilen zu inhaftieren, wo sie gefangen genommen wurden, um sie schon alleine dadurch zu isolieren.
Werden die Angehörigen der verschiedenen Guerilla-Organisationen in diesen Trakten getrennt oder zusammen untergebracht?
Inwiefern werden die politischen Gefangenen anders behandelt als normale, unterliegen sie besonderen Bedingungen?
Wie werden diese Leute überhaupt festgenommen, wie sieht also die Strafverfolgung aus?
Also werden illegale Methoden eingesetzt, um diese Leute festzunehmen?
Wie sehen die darauf folgenden Prozesse aus? Genügen sie rechtsstaatlichen Ansprüchen?
Die wiedereingegliederten Guerilleros sind also an der Verfolgung der immer noch aktiven beteiligt?
Und so kommen dann die Anklagen zustande?
Wegen welcher Delikte werden die politischen Gefangenen verurteilt und wie sehen die Strafen aus?
Außerdem wurden die Strafen allmählich erhöht. Heute liegen die Strafen für Leute, die wirklich Guerilleros sind, zwischen zehn und 60 Jahren. Dabei kommen in erster Linie Tatbestände wie Rebellion, Terrorismus, Erpressung, Entführung, Mord, Verletzung von Mitgliedern der Sicherheitsorgane zur Anwendung. Heute liegt die Höchststrafe zwar noch bei 40 Jahren, aber im kommenden Jahr soll sie auf 60 angehoben werden.
Zunehmend werden auch die Mindeststrafen erhöht - und das unter kolumbianischen Bedingungen, was die Infrastruktur und das Essen in den Gefängnissen betrifft: Ein Gefangener, der mehr als 20 Jahre im Gefängnis ist, kommt tot raus, weil das Essen, das sie den Gefangenen geben, absolut ungenügend und sehr schlecht ist. Der tägliche Kostensatz für die Ernährung der Gefangenen liegt, glaube ich, bei 1700 oder 1800 Pesos. Wenn man vergleicht, was man außerhalb des Gefängnisses für dieses Geld kaufen kann, ist das nichts. Es ist sehr schwer, mit diesem Geld zu essen. Abgesehen davon verwaltet das Gefängnis dieses Geld, wobei ein Teil abhanden kommt, so dass sich die wirklich Essenszuweisung für einen Gefangenen auf 1400, 1500 Pesos reduziert, wenn er Glück hat. Das entspricht heute ungefähr einem halben Dollar. Man ernährt sich sozusagen 20 Jahre lang von Mehl, Reis, Kartoffeln etc., denn Eier gibt man dir nicht, Fleisch gibt man dir nicht, also stirbst du nach 20 Jahren. Wenn man dich also zu 40 oder 60 Jahren verurteilt, kannst du die gar nicht absitzen, weil du vorher stirbst.
Gibt es viele solcher Fälle?
Und wie viele Leute sind nachweisbar an mangelhafter Ernährung gestorben?
Wie haben sich in den vergangenen Jahren die Bedingungen für die Verteidigung der politischen Gefangenen geändert und was fehlt Ihnen dabei am meisten?
Schließlich muss man thematisieren, dass auch auf internationaler Ebene Gefangene nicht als Kämpfer oder Rebellen inhaftiert werden, nicht einmal als Terroristen. Man erkennt ihnen gar keine Rechte zu, sie sind Personen, die denen als Symbol des Sieges bleiben, die den Krieg gewinnen. Das ist ein Rückfall ins 17. Jahrhundert, mindestens aus juristischer Sicht. Was für ein Recht soll das sein, was für eine Art von Recht soll das sein, wenn die zivilisiertesten Länder, die USA und England, dies machen. Und was können wir dann von den Ländern erwarten, die in deren Einflussbereich liegen oder von den neu kolonialisierten Ländern, die ihre Schüler sind.
Wie sieht Ihre weitere Arbeit in diesem Bereich aus?
Fussnoten
2 Unter Präsident Turbay Ayala übertrug die kolumbianische Regierung der Armee 1978/1979 weitreichende Kompetenzen, darunter auch solche der Gerichtsbarkeit und des Strafvollzuges, was vor allem der Aufstandsbekämpfung diente, vgl. Zelik, a.a.O. (Fn. 1), S. 137. Diese Aburteilung von Zivilisten durch Militärgerichte wurde zwischenzeitlich vom Obersten Gerichtshof für rechtswidrig erklärt.
3 Dabei handelt es sich um einen Straftatbestand, der die Mitgliedschaft in den bewaffneten oppositionellen Gruppen erfassen soll, nach dem zunehmend aber auch Aktivisten der sozialen Bewegungen angeklagt und verurteilt wurden. Vergleichbar dem deutschen § 129a StGB ist dabei nicht der Nachweis einer Beteiligung an einer konkreten Tat notwendig, wenn die Mitgliedschaft als erwiesen betrachtet wird, und sieht die Norm einen hohen Strafrahmen vor. Bei einer Verurteilung wegen Rebellion ist eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung nicht möglich und unterliegen die Betroffenen regelmäßig besonderen Haftbedingungen.
4 1991 trat in Kolumbien nach Beratungen einer verfassungsgebenden Nationalversammlung eine neue Verfassung in Kraft, die verschiedene neue Rechtspositionen für die Bevölkerung festschrieb. Dies war für verschiedene Guerilla-Gruppen bzw. Teile dieser die Voraussetzung für Friedensverhandlungen bzw. für die Abgabe der Waffen und die Wiedereingliederung ins soziale Leben gewesen.
5 Das von der kubanische Revolution inspirierte, guevaristische Ejército de Liberación Nacional (ELN, dt.: Nationales Befreiungsheer) und die wesentlich aus Bauernselbstverteidigungen entstandenen und lange an Moskau orientierten Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (FARC, dt.: Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) sind die beiden größten heute noch in Kolumbien aktiven Guerilla-Organisationen. Sie entstanden Mitte der 1960er Jahre und haben heute nach Schätzungen mehrere Tausend (ELN) bzw. bis zu 20.000 (FARC) Kämpfer unter Waffen. Das Ejército Popular de Liberación (EPL, dt.: Volksheer für die Befreiung) ist eine kleinere, eher maoistisch orientierte Organisation, von der Teile in dem Verhandlungsprozess Anfang der 1990er Jahre ihre Waffen abgegeben haben.
6 Unter den Begriff „schmutziger Krieg“ werden in den 1980er Jahren etablierte illegale staatliche Praktiken gefasst, die sich vor allem gegen die legale Opposition und die Zivilbevölkerung richten, wie z.B. Massaker, extralegale Hinrichtungen und der Einsatz von Paramilitärs, vgl. Zelik, a. a. O. (Fn. 1), S. 65 ff.
7 Die Guerilla-Organisationen machen selbst Öffentlichkeitsarbeit, die freilich fast ausschließlich dann internationales Gehört findet, wenn sie im Rahmen von Friedensverhandlungen oder bei Entführungen erfolgt. Dabei waren sie bereits verschiedentlich in der Lage, Forderungen durchzusetzen, wie bspw. den Besuch von internationalen Menschenrechtsdelegationen zur Beurteilung der Lage in bestimmten Regionen des Landes.
8 Das M-19 war in den 1980er Jahren eine sehr populäre und vor allem in den Städten aktive Organisation, die mit spektakulären Aktionen auf sich aufmerksam machte, wie bspw. der Entführung von Milchtransportern in Armenviertel und der Besetzung des Justizpalastes im Zentrum von Bogotá. Die anderen genannten Organisationen sind eher klein, wobei der Quintin Lame vor allem eine Indigena-getragene Organisation ist.
9 Borja und Córdoba sind linksgerichtete Parlamentsabgeordnete. Bei der „Operación Dragón“ handelt es sich um eine kürzlich aufgedeckte Verschwörung, in die auch Armee-Angehörige und Paramilitärs verstrickt sind, bei der schwarze Listen von Oppositionellen im ganzen Land geführt wurden, die umgebracht werden sollten. Der Linkspopulist und Sozialreformer Jorge Eliécer Gaitán war 1948 der aussichtsreichste Präsidentschaftskandidat, bis er am 9. April in Bogotá erschossen wurde. Daraufhin brach in zunächst in Bogotá und dann in anderen Teilen Kolumbiens ein Volkaufstand aus, der mangels politischer Organisierung der Bevölkerung nicht in einer Revolution mündete. Das nach dem Mord entstandene Movimiento Gaitanista wurde im Anschluss daran ebenso wie die sonstige Opposition erbarmungslos verfolgt, und es entwickelte sich ein Bürgerkrieg, der in einer Militärdiktatur endete, vgl. Zelik, a. a. O. (Fn. 1), S. 53 f.
10 Mit dem Referendum versuchte die Regierung Uribe, ein Paket verschiedener Gesetze durch das Volk beschließen zu lassen, scheiterte damit jedoch. Eine Wiederwahl des Präsidenten war in Kolumbien bis zu diesem Jahr nicht möglich; die Regierung Uribe änderte dies gegen erheblichen Widerstand in der Bevölkerung, so dass nun eine zweite Amtszeit des Präsidenten möglich ist.
11 Wiedereingliederung meint hier sowohl die Wiedereingliederung ganzer Gruppierungen Anfang der 1990er Jahre, als auch die einzelner Personen aus immer noch aktiven Gruppierungen.
12 Im Jahr 2000 wurde ein neues Strafgesetzbuch geschaffen. Bis dahin betrug die Höchststrafe 60 Jahre, danach 40 Jahre.