Amtsgericht Bernau hält Cannabis - Prohibition verfassungswidrig
Thomas Bliewier
Weitgehend ohne öffentliche Resonanz hat das Amtsgericht Bernau bereits im März 2002 festgestellt, alle Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes soweit sie Cannabisprodukte in der Anlage I zu § 1 BtMG mit der Folge aufführten, dass der unerlaubte Verkehr mit diesen Stoffen den Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes unterliege, seien verfassungswid-rig (3 Cs 224 Js 36463/01(387/01).
Das Amtsgericht setzte das Verfahren aus und legte die Sache dem Bundesverfassungsgericht vor.
Entschieden ist die Sache bis heute nicht. Beachtung verdient der Vorlagebeschluss vor allem deshalb, weil das Amtsgericht Bernau umfassend durch Anhörung verschiedener Sachverständigen in der Hauptverhandlung Beweis über die Gefährlichkeit des Umgangs mit Cannabis erhoben hat. Nach Anhörung der Sachverständigen ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt - und diese Feststellungen sind tatsächlich geeignet, das Verbot des Umgangs mit Cannabis zu Fall zu bringen - "dass die Wirkungen und Konsequenzen des Cannabiskonsums nicht die Gefährlichkeit besitzen, wie dies noch 1994 - im Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 9.3.1994 angenommen wurde. Aufgrund der Gutachten konnte weiter festgestellt werden, dass zwischen Cannabiskriminalisierung und Cannabiskonsum keinerlei Zusammenhang besteht und insbesondere eine Kriminalisierung nicht zur Eindämmung des Cannabiskonsums führt".
Insbesondere hatte das Gericht auch eine Stellungnahme beim Bundesministerium für Gesundheit eingeholt und festgestellt, dass auch das Bundesministerium nicht mehr davon ausgehe, dass es sich bei Cannabisprodukten um riskante Drogen handele.
Das Amtsgericht hat die erneute Anrufung des Bundesverfassungsgerichts damit begründet, dass neueste Forschungserkenntnisse belegten, dass an den 1994 erfolgten Einschätzungen der Risiken im Zusammenhang mit Cannabis nicht mehr festgehalten werden könne. Dem Gesetzgeber seien diese Ergebnisse bekannt, er habe aber nicht reagiert. Die gesamte Cannabis-Pönalisierung sei verfassungswidrig.
Die Initiative des Amtsgericht Bernau verdient uneingeschränkte Unterstützung und zeigt die Notwendigkeit einer erneuten breiten Diskussion mit dem Ziel, die Cannabis-Prohibition zu Fall zu bringen. Die Verteidigung in Cannabis-Fällen muss geführt werden mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen die zu der erneuten Vorlage zum BVerfG geführt haben.
Beweisanträge, Einstellungsanträge und Verweis auf den Vorlagebeschluss des AG Bernau können die Verfassungswidrigkeit der Bestrafung des Umgangs mit Cannabisprodukten herausstellen.