Aus Sicht des RAV führt die von der EU angestrebte Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zu einer fast vollständigen Entrechtung von Schutzsuchenden – sollte die Reform wie geplant umgesetzt werden. Der RAV lädt daher unter dem Titel "Mehr als diskussionswürdig: Die Reform des Europäischen Asylsystems" zu einem Fachgespräch am Donnerstag, 7.12.23 um 18 h, HU Berlin, Unter den Linden 6, Raum 2094 ein. Die Veranstaltung kann auch im Stream verfolgt werden.
Es soll das unübersichtliche Reformpaket kritisch beleuchtet werden. Denn darin verbergen sich verschiedene Reglungen, die einen gravierenden Einschnitt in die Rechte Schutzbedürftiger bedeuten und die bislang geltenden Verfahrensgarantien fast vollständig aufgeben.
Zu den gravierendsten Eingriffen gehören
- mehrmonatige Haftzeiten ohne gerichtliche Anordnung oder Kontrolle
- Einschränkung der Möglichkeiten gerichtlicher Kontrolle von Asylentscheidungen
- Umgehung der Genfer Flüchtlingskonvention
Rechtsanwältin Berenice Böhlo aus dem RAV-Vorstand sagt dazu: „Mit den Verordnungs-Entwürfen senkt die Europäische Union menschenrechtliche Standards für den Umgang mit Asylbewerber*innen auf ein beschämend niedriges Niveau. Damit verrät sie die Grundwerte, auf denen sie aufbaut. Mit den Entwürfen will die EU Handlungsfähigkeit und eine harte Hand im Umgang mit Migrant*innen demonstrieren. Sie nutzt dafür eine Politik, die lang und hart erkämpfte Grundsätze zum Schutz von Verfolgten und zur Integration von Menschen mit Fluchtgeschichte mit einem Handstreich aufgibt. Werden an den Entwürfen keine substanziellen Veränderungen vorgenommen, muss die GEAS-Reform konsequent verhindert werden.“
In Deutschland werden die geplanten Änderungen von einer schrill geführten Debatte begleitet. Auch Vertreter*innen von Parteien, die ein Menschenrechte verteidigendes Selbstverständnis für sich in Anspruch nehmen, setzen sich vehement für die Verschärfung des GEAS ein. Sie schaffen so ein Abschreckungsszenario, in dem aus Flucht „irreguläre Migration“ wird, die es zu unterbinden gilt. Selten findet dabei eine sachliche Auseinandersetzung mit den geplanten Änderungen statt.
Um diesem Diskurs entgegenzuwirken veranstaltet der RAV gemeinsam mit der Refugee Law Clinic Berlin und der Professur für Recht und Migration der HU Berlin am 07.12.2023 eine Informationsveranstaltung. Sie findet parallel zum geplanten Ende der Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Kommission und Minister*innenrat statt. Bei der Veranstaltung werden Prof. Dr. Pauline Endres de Oliveira (HU Berlin), Dr. Bernd Kasparek (HU Berlin) und Catharina Ziebritzki (Equal Rights Beyond Borders) über den Stand des GEAS-Reformprozesses informieren und diesen inhaltlich einordnen. Moderiert wird die Veranstaltung von dem Journalisten Christian Jakob (TAZ).
Parallel wird ein >>> Fact-Sheet <<< veröffentlicht, das die maßgeblichen Änderungen der Reform zusammenfasst.
Für die Veranstaltung wird um Anmeldung an kontakt@rav.de gebeten.
Als Ansprechpartner steht für Sie zur Verfügung: Julius Becker, Rechtsanwalt, becker@blkr-berlin.de