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Generalverdacht im Gefahrengebiet

Diskussionsveranstaltung, Hamburg 30.5.2011
„Ihr Verhalten an einer Örtlichkeit, die als Gefahrengebiet im Zusammenhang mit möglichen Ausschreitungen in der Walpurgisnacht ausgewiesen wurde, begründet die Annahme, dass sie dort Straftaten begehen werden.“ Mit dieser Begründung wurden nach den Demonstrationen am 30.04. und 1. Mai 2011 von der Polizei 389 Aufenthaltsverbote für das „Gefahrengebiet“ Schanzenviertel und St. Pauli verfügt und AnwohnerInnen unter Hausarrest gestellt. Die Polizei hat außerdem 1.245 Menschen angehalten, um ihre Personalien festzustellen, zusätzlich 318 Personen durchsucht sowie weiteren 44 Personen Platzverweise erteilt und 51 Leute in Gewahrsam genommen. Der Generalverdacht im Gefahrengebiet richtet sich gegen bestimmte „Zielgruppen“, die von der Polizeiführung vorab definiert werden: „Personen bzw. Personengruppen, die augenscheinlich nach ihrem äußeren Erscheinungsbild und/oder ihrem Auftreten dem linken Spektrum zugeordnet werden könnten“ sowie „16-35 jährige Personen in Gruppen ab drei Personen“, wie es in der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage wörtlich heißt. Gefahrengebiete konstruieren einen Generalverdacht gegenüber Menschen und „Zielgruppen“, die sich in bestimmten Stadtteilen aufhalten. Dabei verfügt die Polizei per Gesetz über die Definitionshoheit, welche Personen an welchen Orten zu welchen Zeitpunkten kontrolliert und kriminalisiert werden. Sie braucht keinen konkreten Anfangsverdacht und keine konkrete Gefahr mehr. Allein aufgrund ihrer „Lageerkenntnisse“ hat die Polizei seit Juni 2005 das Recht, sogenannte „Gefahrengebiete“ zu definieren, in denen sie „Personen kurzfristig anhalten, befragen, ihre Identität feststellen und mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen“ darf (§ 4 Abs. 2 PolDVG). Diese Verschärfung des Polizeirechts wurde mit dem „Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit und Ordnung“ vom 16. Juni 2005 vom CDU-Senat in Hamburg eingeführt. Seitdem hat die Polizei über 40 Gefahrengebiete in Hamburg ausgewiesen. Ganze Stadtteile unterliegen dem polizeilich erklärten Ausnahmezustand.

----- Wir wollen politische und juristische Strategien gegen den Ausnahmezustand diskutieren, um den präventiven Sicherheitsstaat im Schanzenviertel, auf St. Pauli und in St. Georg genauso wie in den anderen Stadtteilen Hamburgs kollektiv zurückzuweisen. Diskussionsveranstaltung zu Gefahrengebieten von RAV, Rote Hilfe, Rote Flora und Recht auf Stadt-Initiativen.
Mit den RechtsanwältInnen Britta Eder, Cornelia Ganten-Lange, Carsten Gericke, Marc Meyer sowie Andreas Blechschmidt, Bela Rogalla und vielen Anderen. Montag, den 30. Mai 2011 19.30 hcentro sociale, Sternstr. 2, 20357 Hamburg Der Eintritt ist frei Flyer (PDF)