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Videoüberwachung, Kontrollen, Aufenthaltsverbote: Soziale Ausschluss und Normierung des öffentlichen Raums mittels Polizeirecht

Veranstaltung, Hamburg, 13.07.2009
Im Jahr 2005 traten mit der Novellierung des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) und des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei (PolDVG) zahlreiche neue Regelungen in Kraft. Von der CDU als das „schärfste Polizeigesetz Deutschlands“ gefeiert, erwiesen sich in der Folgezeit bereits zahlreiche Vorschriften (Kfz-Kennzeichenerfassung, Rasterfahndung) als evident verfassungswidrig. Weitere Maßnahmen wie etwa die Einführung sog. verdachtsunabhängiger Kontrollen oder die Videoüberwachung sehen sich fortwährender verfassungsrechtlicher Kritik ausgesetzt. Aktuelle Veröffentlichungen des Senats belegen zudem das Ausmaß polizeilicher Kontrollpraxen in Hamburg. So fanden beispielsweise in den auf Grundlage des SOG polizeilich als „Gefahrengebiet“ deklarierten Teilen von Altona, St. Georg, St. Pauli und Altona/Ottensen aus unterschiedlichsten Anlässen seit dem 1.7.2005 mehr als 100.000 „verdachtsunabhängige“ Kontrollen statt (Drucksache 19/2732, S 4f). Berichtet wird weiter von knapp 57.000 verfügten Aufenthaltsverboten (Drucksache 19/848, S. 4). Hinzu kommt, dass bekanntlich AnwohnerInnen und BesucherInnen rund um die Reeperbahn in St.Pauli und den Hansaplatz in St.Georg seit März 2006 bzw. Juli 2007 mit Videokameras überwacht werden. Nach der Bürgerschaftswahl 2008 hatten CDU und GAL im Koalitionsvertrag vereinbart , die vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Regelungen etwa zur Kennzeichenerfassung oder zur Rasterfahndung „an die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung anzupassen“. Auch die übrigen polizeirechtlichen Vorschriften sollten „im Lichte der neueren Rechtsprechung auf Anpassungsbedarfe überprüft werden“. Im Kern soll sich allerdings nichts ändern. Dies obwohl gleichzeitig festgehalten wurde: „Im öffentlichen Raum wird es keine Verdrängung sogenannter randständiger Gruppen geben.“ Im Rahmen der Veranstaltung soll es neben der rechtlichen Analyse einzelner neuer Standardmaßnahmen wie der Videoüberwachung vor allem auch darum gehen, diese in ihrer tatsächlichen Wirkungsweise als Praxen der Ausgrenzung bestimmter sozialer oder als abweichend etikettierter Gruppen zu untersuchen und mögliche Interventionsmöglichkeiten zu diskutieren.

 

Montag, 13. 7. 2009, 19 Uhr

Universität Hamburg, Allendeplatz 1, 20146 Hamburg, Raum 138

Eintritt frei

Referenten:

Jan Wehrheim, Universität Hamburg - Institut für Kriminologische Sozialforschung

Ulf Treger, Medienproduzent, Mitglied von city.crime.control

Carsten Gericke, Rechtsanwalt in Hamburg, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV)

 

 

Veranstaltung der Gruppe Hamburgs Aktive Jurastudierende (HAJ) in Zusammenarbeit mit dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV).