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Sammelklagen gegen willkürliche und menschenunwürdige Inhaftierung

Pressemitteilung vom 20.11.2007
14 GlobalisierungskritikerInnen aus Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Bayern haben beim Verwaltungsgericht Schwerin Klage wegen rechtswidriger Freiheitsentziehung, unmenschlichen Haftbedingungen und Verweigerung von Anwaltskontakten während ihrer Inhaftierung anlässlich des G8-Gipfels eingereicht. Zudem wurde Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung u.a. gegen den Leiter der Gefangenensammelstellen KOR Krense gestellt. DieKlägerInnen gehören zu einer Gruppe von insgesamt 193 Personen, die während der Proteste gegen den G8-Gipfel am 7. Juni 2007 in der sog. "Kühlung", einem Waldstück bei Wichmannsdorf nahe Heiligendamm, von der Polizei festgenommen worden waren.

Hintergrund: Nachdem am frühen Morgen des 7. Juni 2007 auf einer Straße zwischen den Ortschaften Kühlungsborn und Kröppelin von Unbekannten eine brennende Barrikade errichtet worden war, ließ die Polizei ab 7.30 Uhr in den umliegenden Waldstücken wahllos alle Personen verhaften, die sich auf dem Weg zu Protestaktionen gegen den G8-Gipfel befanden. Obwohl sich aus den Akten ergibt, dass ein Eilrichter bereits gegen 15.30 Uhr für etliche der Betroffenen ausdrücklich die sofortige Freilassung verfügt hatte, wurden sie teilweise bis in die Nachtstunden des Folgetages in Käfigzellen der BAO Kavala festgehalten.

"Laut Aktenlage hat sich die Polizeibehörde Kavala damit sogar über gerichtliche Entscheidungen hinweg gesetzt," kritisiert Rechtsanwältin Karen Ullmann.

Sie hat wegen dieser Vorgänge bereits am 14. August 2007 Strafanzeige u.a. wegen Freiheitsberaubung gegen die verantwortlichen Polizeibeamten -- u.a. gegen KOR Krense als Leiter der Gefangenensammelstellen - bei der Staatsanwaltschaft Rostock erstattet.

Unmittelbar nach dem G8-Gipfel leitete die Polizei gegen alle 193 in der "Kühlung" festgenommenen GlobalisierungskritikerInnen ein Strafverfahren wegen "gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr" (§ 315 b StGB) ein. Die Verfahren wurden jedoch bereits im September 2007 durch die Staatsanwaltschaft Rostock wieder eingestellt. Begründet wurde dies mit der ausdrücklichen Feststellung, dass alle Personen in dem Waldstück festgenommen wurden, ohne dass irgendein Bezug zur Errichtung der Straßenblockade bestand.

Mit den nun gemeinsam eingereichten Klagen setzen sich die Betroffenen zur Wehr. Sie wollen zum einen gerichtlich festgestellt wissen, dass die Freiheitsentziehungen rechtswidrig waren. Denn: "Das Vorgehen der BAO Kavala war willkürlich und ohne jede Tatsachengrundlage und wurde dann auch noch trotz gegenteiliger Richterentscheidungen fortgesetzt," so Rechtsanwältin Britta Eder.

Zum anderen soll die Menschenunwürdigkeit der Unterbringung und die
Vereitelung von Rechtsschutz durch die BAO Kavala gerichtlich
festgestellt werden, insbesondere:
* die stundenlange Unterbringung mit bis zu 50 Gefangenen unter
Aufhebung jeglicher Privatsphäre in teilweise durchgehend
beleuchteten und videoüberwachten Käfigzellen;
* die ebenso rechtswidrige wie schikanöse Fesselung von Gefangenen
mittels sog. Kabelbinder selbst in den Käfigzellen
* und die Verweigerung von Telefonaten zur Kontaktaufnahme mit
RechtsanwältInnen.

Bereits während des G8-Gipfels waren die Haftbedingungen in den
Gefangenensammelstellen vom Anwaltlichen Notdienst und verschiedenen Menschenrechtsgruppen kritisiert worden.

Neben der Rehabilitierung der Betroffenen geht es bei den Feststellungsklagen auch um die Desinformationspolitik seitens der BAO Kavala und des Schweriner Innenminister Lorenz Caffier (CDU). Insbesondere Innenminister Caffier hatte nach dem G8-Gipfel mehrfach gegenüber Medien und Parlamentsausschüssen versucht, die Massenverhaftungen als legitim darzustellen, die unmenschlichenHaftbedingungen zu bagatellisieren sowie die Fesselung in den Gefangenensammelstellen und die Verweigerung von Anwaltskontakten zu leugnen.

"Eine ernsthafte parlamentarische Aufarbeitung der vielfältigen Grundrechtsverstöße anlässlich des G8-Gipfels hat bislang nicht stattgefunden und war offensichtlich nicht gewollt. Es ist leider einmal mehr an der Justiz, der Politik die rechtsstaatlichen Standards aufzuzeigen. Wir hoffen daher auch, dass sich das Verwaltungsgericht
zügig mit den Sachverhalten befasst," sagt Rechtsanwalt Carsten Gericke.

Für weitergehende Informationen und Fragen:

Rechtsanwältin Britta Eder/Rechtsanwältin Karen Ullmann
Tel.: 040/32033756 Tel.:040/99993906

Rechtsanwalt Carsten Gericke/Rechtsanwalt Felix Isensee
Tel: 040/43135110 Tel.:0331/5817779