Sie sind hier: RAV > PublikationenMitteilungen

RAV kritisiert Gesetzentwurf: »Kein Sondergesetz für Polizeibeamte«

Pressemitteilung, 21.3.2017
Am 22. März 2017 soll der Gesetzentwurf § 114 StGB-E zur ›Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamtinnen und -beamten sowie Rettungskräften‹ im Ausschuss Recht und Verbraucherschutz beraten werden. Der RAV übt in einer Stellungnahme scharfe Kritik an dem Gesetzesentwurf und wendet sich zusammen mit weiteren Anwaltsverbänden und Bürgerrechtsorganisationen persönlich an die Mitglieder des Rechtsausschusses des Bundestages: »Kein Sondergesetz für Polizeibeamte – Stimmen Sie mit Nein«, heißt es in dem Schreiben. Der RAV kritisiert den geplanten § 114 StGB als überflüssig und gefährlich. »Wenn der Staat den Schutz seiner Beamten höher stellt als den der Bürger, wird das Grundgesetz auf den Kopf gestellt«, so der RAV-Vorsitzende Dr. Peer Stolle. »Das Gesetz ist nicht erforderlich und sieht eine völlig unverhältnismäßige Strafdrohung auch für Bagatellhandlungen vor«.
Mit der geplanten Norm würde ein folgenloser Schubser gegen einen Polizisten härter bestraft, als ein gezielter Faustschlag gegen einen Menschen ohne Uniform – auch wenn dieser Verletzungen davonträgt. Kritikerinnen und Kritiker des Gesetzentwurfs weisen zudem darauf hin, dass es eine ›ständige‹ oder ›dramatische‹ Zunahme von Gewalt gegen Polizeikräfte schlicht nicht gibt. »Es handelt sich um bloße Behauptungen der Polizeigewerkschaften. Tatsächlich zeigen die Fallzahlen der PKS das Gegenteil«, so die Stellvertretende RAV-Vorstandsvorsitzende Franziska Nedelmann. Bundesweit gehen die Fallzahlen für ›Widerstand gegen die Staatsgewalt‹ seit 2008 deutlich zurück. Letztendlich geht es bei dem Gesetz ausschließlich darum, Begehrlichkeiten der Polizeigewerkschaften zu befriedigen. Zuvor hatten bereits der Deutsche Richterbund und der Deutsche Anwaltsverein den Gesetzentwurf deutlich kritisiert. Auch der Rechtsausschuss des Bundesrats beurteilt den Entwurf als widersprüchlich und bemängelt seine Unverhältnismäßigkeit. In dem Appell der Bürgerrechtsorganisationen werden die Abgeordneten des Rechtsausschusses aufgefordert, in eine sachliche Debatte einzusteigen und sich ernsthaft mit der Rechtswirklichkeit des Delikts ›Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte‹ sowie den Ursachen für eskalierende Konfliktsituationen bei Polizeieinsätzen zu beschäftigen. Kontakt: Rechtsanwalt Marco Noli, München (Telefon 089.50059130) [Bitte beachten Sie auch die Anlagen zu dieser Pressemitteilung]