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Politik des kalkulierten Rechtsbruchs

Die Mitgliederversammlung des RAV fordert von der Bundesregierung die Einhaltung geltenden Rechts, 13. Juni 2025

Mit der Entscheidung des Bundesinnenministers Alexander Dobrindt – getragen von der gesamten Bundesregierung -, weiterhin Zurückweisungen an den deutschen Außengrenzen vorzunehmen, obwohl ein Gericht die Rechtswidrigkeit dieser Praxis festgestellt hat, werden elementare rechtsstaatliche Grundsätze infrage gestellt. Gerichtliche Entscheidungen anzuzweifeln und ihre Geltung in Abrede zu stellen, ist ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz und bedeutet in seiner Konsequenz, dass exekutives Handeln über Recht und Gesetz gestellt wird. Das ist nicht hinzunehmen. 

Die Politik der Bundesregierung ist eine Politik des kalkulierten Rechtsbruchs – flankiert von lancierten Angriffen gegen die Richterschaft, die Anwaltschaft und die Organisationen aus der Zivilgesellschaft, die sich für den Zugang von Geflüchteten zum Recht einsetzen. Wir als Rechtsanwält*innen tragen eine besondere Verantwortung bei der Verteidigung von rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien. Diese Verantwortung erwächst aus unserem Selbstverständnis, das auf den Prinzipien der Gerechtigkeit, der Unabhängigkeit und dem Schutz der individuellen Rechte basiert. Deshalb werden wir uns als Rechtsanwält*innen derartigen Angriffen entgegenstellen. 

Die Bundesregierung ist nach dem Grundgesetz an Recht und Gesetz gebunden. Wie Gesetze auszulegen und anzuwenden sind, bestimmt die Judikative, also die Gerichte. Legislative und Judikative sind dazu bestimmt, die Macht des Staates, also die Exekutive, zu kontrollieren. Das nennt sich Gewaltenteilung. Wenn sich die Bundesregierung nicht mehr an Recht und Gesetz gebunden fühlt, sondern gar behauptet, „das Recht“ würde „die Politik“ einschränken, stellt dies einen elementaren Bruch verfassungsrechtlicher Prinzipien dar. Das Berliner Verwaltungsgericht hat nicht etwa eine „politische Meinung“ von sich gegeben oder in politische Entscheidungen des Gesetzgebers eingegriffen. Es hat schlicht und allein bestehende Gesetze angewendet – die ureigene Aufgabe von Gerichten. Es hat auch nicht nur eine Einzelfallentscheidung getroffen, sondern – wie von vielen Expert*innen vorhergesagt – grundsätzliche Aussagen zur Geltung europäischen Rechts getroffen.

Unsere Solidarität gilt den Menschen, die in Deutschland Schutz suchen. Wir werden ihre Rechte weiterhin mit den Mitteln des Rechts verteidigen. 

Unsere Solidarität gilt den Richter*innen und Rechtsanwält*innen, die von rechter politischer und medialer Hetze betroffen sind. 

Unsere Solidarität gilt den Organisationen, die sich dafür einsetzen, den Schwächsten dieser Gesellschaft Zugang zum Recht zu verschaffen.