Sie sind hier: RAV > PublikationenMitteilungen

Nach Forderung zur Abschaffung des Asylrechts: BAMF-Leiter Sommer muss entlassen werden

Pressemitteilung, 2.4.2025

Anwält*innenorganisation und juristische Berufsorganisation fordern die sofortige Entlassung des Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Hans-Eckard Sommer. Sommer verkündete laut Presseberichten bei einer Konferenz, die der Rechtswissenschaftler Daniel Thym zusammen mit der Konrad-Adenauer-Stiftung organisiert hatte, seine Vision vom Asylrecht als eines bloßen rechtsfreien Gnadenakts. Nachzulesen sind Sommers rechtsfeindliche Vorstellungen in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik (ZAR). Darin schreibt er unter anderem:

„Richter am EuGH (Europäischen Gerichtshof) und EGMR (Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte), die sich nahezu nur noch dem individuellen Schutz verpflichtet fühlen und die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf die Staaten, die den Schutz zu gewähren haben, in verantwortungsloser Weise außer Acht lassen, bringen (…) nicht nur die ihnen unterworfenen Staaten und deren Verwaltungen an ihre Grenzen.“

Die Lösung lautet nach der Meinung von Sommer: „Jeglicher Anspruch auf Asyl oder auf sonstige Schutzrechte entfällt. Das klingt zunächst einmal schockierend. (…) Um den Gerichten schon im Ansatz die Möglichkeit zu verwehren, den angestrebten Paradigmenwechsel unter Bezugnahme auf das EU-Primärrecht zu konterkarieren, sind aus meiner Sicht auch hier Rechtsänderungen erforderlich. (…) Sinnvoll, wenn nicht sogar notwendig, wäre auch eine Anpassung der Genfer Flüchtlingskonvention. Im Wege einer Art 'Änderungskündigung' wäre das Non-Refoulement-Verbot auf Angehörige von unmittelbaren Nachbarstaaten zu beschränken."

Würde seine Forderung umgesetzt, würde die bestehende europäische und internationale Rechtsordnung zerstört werden”, kritisiert Berenice Böhlo aus dem Vorstand des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV). 

Dies gilt zuvorderst die Grundrechtecharta der EU, die ein individuelles Rech auf Asyl und einen Schutz vor Refoulement (also vor Ausweisung, Auslieferung oder Rückschiebung bei Annahme drohender Folter, unmenschlicher Behandlung oder schweren Menschenrechtsverletzungen im Zielland) sichert.

Darüber hinaus müssten die Europäische Menschenrechtskonvention außer Kraft gesetzt und seitens Deutschland Vorbehalte bzw. Austritte aus zentralen völkerrechtlichen Abkommen erklärt werden, wie etwa der UN-Antifolterkonvention, der UN-Kinderrechtskonvention und dem UN-Zivilpakt. Denn alle diese menschenrechtlichen Übereinkommen gewähren einen effektiven Schutz vor Refoulement. Letztlich müsste Deutschland aus der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, einer der zentralen Konsequenzen aus dem Nationalsozialismus, zumindest partiell, aussteigen.

Wir beobachten derzeit einen kampagnenmäßig organisierten Angriff von Teilen der deutschen Rechtswissenschaft und Behörden auf die Grundrechte, das Rechts- und Wertesystem”, so Böhlo weiter.

Sommer diffamiert prominent und noch während der Koalitionsverhandlungen ein von ihm als "zynisch", "verantwortungslos" und „sicherheitsgefährdend“ gebrandmarktes Asylrecht, um dem  eine Vision von einem Europa ohne rechtsstaatliche Garantien und elementaren Menschenrechtsrechtsschutz entgegenzustellen. Als Leiter eben derjenigen Behörde, die für die Sicherstellung und Durchführung fairer Asylverfahren zuständig ist, hat er sich damit grundlegend diskreditiert.

Rechtsanwalt und RAV-Mitglied Matthias Lehnert erlärt: „Zugleich beschädigt Sommer das Ansehen und Wirken derjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in seiner eigenen Behörde, die die Geltung des Rechts ernst nehmen und mit hoher Verantwortung handeln.” Sommers Agieren ist nicht nur ein Angriff auf das Asylrecht. Er postuliert offen das "Primat der Politik" über das Recht. Lehnert kritisiert: „Mit der geforderten Abschaffung von subjektiven Rechten greift Sommer die Grundrechte und die Verfassung zentral an und ebnet so den Feinden von Demokratie und Rechtsstaat den Weg.”

Stattdessen geht es um Verteidigung und Ausbau des demokratischen Rechtsstaats: Für Gewaltenteilung, für die Bindungswirkung des Rechts und die Kontrolle der Exekutive durch die Justiz. Als Juristinnen fordern wir die sofortige Entlassung von Herrn Sommer.

 

Gezeichnet von:

Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e. V. (VDJ)

Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. (RAV)

 

Kontakt:

Berenice Böhlo, Rechtsanwältin für Migrationsrecht und Mitglied im RAV-Vorstand

E-Mail: info@aufenthaltundsoziales.de