Sie sind hier: RAV > PublikationenMitteilungen

Keine Auslieferung nach Ungarn!

Presseerklärung der Verteidigung, 20.1.2025

Als Strafverteidiger*innen der sieben jungen Antifaschist*innen, die sich am heutigen Tag den deutschen Behörden gestellt haben, erklären wir Folgendes:

„Unsere Mandant*innen haben sich heute freiwillig den Strafverfolgungsbehörden gestellt.

Ihnen wird vorgeworfen, an Angriffen auf deutsche, polnische und ungarische Neonazis im Februar 2023 in Budapest/Ungarn beteiligt gewesen zu sein. Sowohl in Deutschland als auch in Ungarn werden deswegen Ermittlungsverfahren u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung geführt. Es wurden deutsche Haftbefehle sowie auf Ersuchen Ungarns europäische Haftbefehle erlassen.

Gegen diese Vorwürfe wollen unsere Mandant*innen sich in Deutschland verteidigen.

Die jungen Menschen haben sich deshalb trotz der drohenden Auslieferung an Ungarn den Behörden gestellt. In Ungarn droht ihnen eine Verurteilung zu einer überlangen Haftstrafe von bis zu 24 Jahren in einem Strafverfahren, das rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht genügt. Die Haftbedingungen in Ungarn sind menschenunwürdig.

Die Verteidigung der jungen Menschen, die sich heute gestellt haben, hatte bereits vor über einem halben Jahr die Bundesanwaltschaft kontaktiert. Sie hatte mitgeteilt, dass die Mandant*innen sich gegen die Zusage der Nichtauslieferung an Ungarn den deutschen Behörden stellen werden. Die Bundesanwaltschaft kann eine Auslieferung verhindern, indem sie das Strafverfahren in Deutschland führt. Ein Gespräch darüber hat die Behörde mehrfach abgelehnt.

Die Bundesanwaltschaft macht deutlich, dass sie die abschreckende Wirkung jahrelanger Untersuchungshaft in Ungarn und maßloser ungarischer Verurteilungen will. Sie nimmt dabei in Kauf, dass das rechtsautoritäre ungarische Regime europarechtliche Vorgaben unverhohlen ignoriert und den Rechtsstaat systematisch aushöhlt.

Dass die Bundesanwaltschaft jegliches Augenmaß verloren hat, zeigt sich auch daran, dass sie ohne konkrete Anknüpfungspunkte in zwei Verfahren aus demselben Komplex, den Verfahren betreffend Maja T. und Hanna S., den haltlosen Vorwurf eines versuchten Tötungsdelikts erhoben hat. Diese Einordnung ist ohne rechtliche Substanz. Dementsprechend hat die Ermittlungsrichterin beim BGH auch keine Haftbefehle wegen eines versuchten Tötungsdelikts erlassen.

Maja T. ist bereits im Sommer 2024 an Ungarn ausgeliefert worden. Die Entscheidung des angerufenen Bundesverfassungsgerichts, das die Auslieferung vorläufig untersagte, kam zu spät. Seit der Auslieferung befindet sich Maja T. in Isolationshaft unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen; die Zelle ist mit Bettwanzen und Kakerlaken verseucht und die Verpflegung völlig unzureichend.

Wir fordern von den deutschen Behörden, dass die jungen Antifaschist*innen nicht an das rechtsautoritäre ungarische Regime ausgeliefert werden. Eine Auslieferung stellt einen eklatanten Verstoß gegen grund- und menschenrechtliche Vorgaben dar.“

Pressekonferenz heute, 25.1.2025 um 14.00 Uhr, Bundespressekonferenz, Raum 4
Schiffbauerdamm 40, 10117 Berlin, Raum 4, keine allg. Akkreditierung notwendig,
mit drei Eltern der Betroffenen sowie mehreren Verteidiger*innen

Pressekontakt: Mobil: 0178-3853321 (auch per Signal)
E-Mail: presse_budapest@mail36.net

Rechtsanwalt Lukas Bastisch, Berlin
Rechtsanwältin Antonia von der Behrens, Berlin 
Rechtsanwältin Giulia Borsalino, Leipzig
Rechtsanwältin Anna Magdalena Busl, Bonn
Rechtsanwalt Christian Friedrich, Leipzig
Rechtsanwältin Katharina Gamm, Berlin
Rechtsanwalt Alexander Hoffmann, Kiel/Leipzig
Rechtsanwalt Rasmus Kahlen, Göttingen
Rechtsanwalt Ulrich v. Klinggräff, Berlin
Rechtsanwältin Yasemin Kostik, Hamburg
Rechtsanwalt Matthias Wisbar, Hamburg
Rechtsanwalt Erkan Zünbül, Leipzig

PM als PDF