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Gemeinsam gegen Hinrichtungen im Iran

RAV-Redebeitrag, 20.5.23

Am 22. Mai 2023 fand auf dem Wittenbergplatz eine Kundgebung von Echo Iran gegen die Hinrichtungen im Iran statt, an der zwischen 2.000 - 3.000 Menschen teilnahmen. Der RAV, der seit Beginn der Proteste sich mit den Menschen im Iran solidarisch erklärte und auch eine Patenschaft für den im Iran inhaftierten Menschenrechtsanwalt Amirsalar Davoudi übernommen hat, wurde von den Organisator*innen angefragt, eine Rede zu halten.

Im Folgenden dokumentieren wir die Rede unserer Kollegin Nasrin Karimi, die auf der Kundgebung gehalten wurde.
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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freudinnen und Freunde,

Wieder ist die Welle der Hinrichtungen, die in diesen Tagen im Iran vollstreckt werden, der traurige Anlass der heutigen Kundgebung.

70% aller in der Welt vollstreckten Todesurteile im Jahre 2022 wurden laut dem Bericht von Amnesty im Iran vollstreckt. Dieser mörderische Zustand im Iran spitzt sich immer weiter zu. Seit September 2022, dem Beginn der landesweiten Massenproteste, sind mehr als 700 Menschen hingerichtet worden, SIEBEN HUNDERT Menschen! Mindestens 7 davon wegen ihrer Teilnahme an friedlichen Protesten. Allein gestern sind 19 Menschen hingerichtet worden. Die Botschaft des Regimes lautet: Wer es wagt, zu protestieren und unsere Macht in Frage zu stellen, der wird vernichtet!“

Dies dürfen wir aber nicht zulassen. Es ist uns unerträglich, wie die Welt der blutigen Repressionen von iranischen Bürgerinnen und Bürgern tatenlos zusieht. Wir dürfen aber das iranische Volk in diesen dunklen Stunden nicht alleine lassen.

Im Iran werden Menschen eingekerkert, gefoltert, hingerichtet, weil ihre Ansichten oder religiösen Überzeugungen nicht mit denen der Regierung übereinstimmen. Wir müssen den Machthabern zeigen, dass wir sehen und berichten, welches Unrecht und welche Gewalt sie ihren Bürgern antun. Wir wollen diesen Menschen in den Gefängnissen einen Namen und eine Stimme geben, Sie und ihren Fall und die gravierenden Verstöße gegen Verfahrensgarantien, die auch im Iran gelten, publik machen.

Wir wollen öffentlichen Druck auf das iranische Regime ausüben und die Freilassung aller politischen Gefangenen fordern. Deshalb sind wir heute hier! Das Regime hat erst jetzt wieder verstärkt begonnen, Menschen zu hängen - jetzt, da es im Westen stiller um die iranische Repression und die mörderische Justizmaschinerie geworden ist. Die deutsche Politik und die Massenmedien in Deutschland und Europa dürfen angesichts der massiven Gewalt des Regimes gegen die Demonstranten nicht schweigen. Wir müssen weiter unsere Stimme erheben und unsere Empörung kundtun. Unser Protest und unsere Solidarität müssen genauso hörbar sein wie im Oktober letzten Jahres, als sich hier in Berlin Zehntausende Menschen bei einer Demonstration mit den Protesten im Iran solidarisiert haben.

Iran hat völkerrechtlich bindende Verträge ratifiziert. Der Iran bekennt sich öffentlich zu seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen – doch die Islamische Republik bricht diese Verträge täglich; durch Folter, willkürliche Haft, Entrechtung von Frauen und ethnischen und religiösen Minderheiten. Der Iran war 1945 eines der 51 Gründungsmitglieder der Vereinten Nationen. Der Iran hatte unter der Herrschaft von Mohammad Reza Shah Pahlavi die beiden Schlüsselabkommen für den Schutz der Menschenrechte der UNO, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und den Internationalen Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte ratifiziert. Auch das Abkommen zur Beendigung aller Formen von Rassendiskriminierung wurde vom Iran ratifiziert. Auch wenn Iran zu diesem Zeitpunkt von einem demokratischen Rechtsstaat weit entfernt war, für die Zivilgesellschaft war die völkerrechtliche Einbindung des Iran in die UNO-Menschenrechtsabkommen von immenser Bedeutung.

Damit war 1979 Schluss, die Islamische Republik Iran tötete seit ihrer Gründung tausende Andersdenkende willkürlich, bis heute nimmt die staatliche Gewalt gegen ihre Bürger kein Ende, wie die aktuelle grausame Hinrichtungswelle belegt.

Die Islamische Republik Iran bekennt sich aber bis heute immer wieder aufs Neue zu den UN-Menschenrechtskonventionen. Der Iran ratifizierte seither sogar weitere UN-Menschenrechtsabkommen. Bis heute hat der Iran aber weder

  • die „Anti-Folter-Konvention“, noch
  • die „Frauenrechts-Konvention“ noch
  • die „Konvention zur Abschaffung der Todesstrafe“
 

Und wir wissen warum!
Kein anderer Staat bricht seit der Gründung der Islamischen Republik 1979 so offen und schamlos die UNO-Menschenrechtskonventionen wie der Iran.

Seit 1985 verabschiedet die Generalversammlung der Vereinten Nationen nahezu jährlich eine Resolution zur kritischen Situation der Menschenrechte in der Islamischen Republik Iran, obwohl Resolutionen nur in seltenen und gravierenden Fällen beschlossen werden.

Nun hat der UN-Menschenrechtsrat am 24.11.2022 eine unabhängige Untersuchung des gewaltsamen Vorgehens der Behörden gegen die Demonstranten im Iran beschlossen. 25 der 47 Mitgliedstaaten stimmten auf einer Sondersitzung des Rats in Genf für eine von Deutschland und Island eingebrachte Resolution.   Nun soll eine unabhängige internationale Untersuchungsmission Menschenrechtsverletzungen im Iran dokumentieren und Beweise für eine mögliche Strafverfolgung der Verantwortlichen sammeln.

Geradezu unglaublich ist die Tatsache, dass Iran, zum Vorsitzenden des Sozialforums 2023 des UN-Menschenrechtsrats gewählt wurde. Wie es am 10.Mai 2023 bekannt gemacht wurde, soll Ali Bahreini, Botschafter und Ständiger Vertreter der Islamischen Republik bei den Vereinten Nationen im November 2023 den Vorsitz des Sozialforums des UN-Menschenrechtsrats (UNHCR) übernehmen. Wirklich, ist das zu glauben? Das iranische Regime, Urheber massiver Gräueltaten und Menschenrechtsverletzungen übernimmt den Vorsitz eines UNHCR-Forums? Diese Entscheidung ist ein Hohn und eine Beleidigung der iranischen Bürger und Bürgerinnen, die ihre Bürger- und Menschenrechte einfordern und hierbei ihr Leben riskieren.

Die Anwaltschaft verurteilt die Anschläge auf die Ausübung des Rechts auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit, das Recht auf Leben sowie auf körperliche Unversehrtheit!

Die Anwaltschaft fordert von der iranischen Justiz die Einhaltung elementarer justizieller Mindeststandards zum Schutz der Gefangenen!

Wir Anwälte fordern die Einrichtung eines unabhängigen und unparteiischen UN-Mechanismus, um die Menschenrechtsverletzungen im Iran zu untersuchen. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Denn Straflosigkeit verhindert Gerechtigkeit. Allen bereits erfolgten gewalttätigen Aktionen der Sicherheits- und Justizbehörden im Iran muss unabhängig nachgegangen werden. Jedem Opfer von Gewalt während der Proteste im Iran muss justizielle Gerechtigkeit zukommen und zwar durch Gerichte, die vom Regime unabhängig sind!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Zan Zendegi Azadi!
Frau Leben Freiheit!

Redebeitrag als PDF
Flyer der Kundgebung