Der RAV schließt sich der breiten Kritik am Inhalt der Resolution des Bundestags zum Schutz jüdischen Lebens in Deutschland an.
CDU/CSU und die Ampelfraktionen haben im Juli 2024 einen gemeinsamen Entwurf für eine „Resolution zum Schutz jüdischen Lebens“ in Deutschland vorgelegt, die nach der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden soll.
Der RAV schließt sich der Kritik, die von verschiedenen Seiten, etwa den bürgerrechtlichen Organisationen wie der Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) und der Humanistischen Union, der Hilfsorganisation medico international, einem breiten Bündnis jüdischer Intellektueller und vieler mehr, an diesem Resolutionsentwurf geübt wird, (grundsätzlich) an.
Wir als RAV begrüßen die Idee, eine breit getragene Resolution zum Schutz jüdischen Lebens in Deutschland zu verabschieden. Der Kampf gegen Antisemitismus ist – ebenso wie der Kampf gegen Rassismus und gegen andere menschenverachtende Einstellungen – für uns als Bürgerrechtsorganisationen ein zentraler Bestandteil unseres Selbstverständnisses und unserer Arbeit. Wir stehen für einen universalistischen Humanismus. Angesichts massiv zunehmender Zahlen an antisemitischen Vorfällen und Angriffen in Deutschland in der Zeit seit dem antisemitischen Massaker vom 7. Oktober 2023 sind zielgerichtete Maßnahmen zum Schutz von Jüdinnen und Juden in Deutschland zu begrüßen. Besorgt haben wir indes zur Kenntnis genommen, dass der Resolutionsentwurf Forderungen beinhaltet, die vor allem einen massiven Eingriff in die Freiheit der Kunst, der Wissenschaft und der Meinungsäußerung zur Folge haben. So kann die Pluralität des jüdischen Lebens in Deutschland nicht geschützt werden.
Sollten – wie in der öffentlichen Diskussion zu hören war – staatliche Fördergelder von einem de facto Bekenntniszwang zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, einer bestimmten Antisemitismus-Definition oder weiterer Vorgaben abhängig gemacht werden oder gar von einer Überprüfung der zu fördernden Projekte oder Personen durch staatliche Akteure, insbesondere dem Verfassungsschutz, lehnen wir dies ab. Kultur, Wissenschaft und Zivilgesellschaft müssen sich frei entfalten können. Kunst und Hochschulen müssen Raum für eine kritische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen bieten können und Orte des diskursiven Aushandelns politischer Positionen darstellen. Staatliche Vorgaben hinsichtlich eines bestimmten Bekenntnisses sind einer Demokratie unwürdig und Ausdruck autoritärer Wunschvorstellungen.
Insgesamt erweckt die Resolution den Eindruck, Antisemitismus v.a. als Problem migrantischer und linker Menschen und Projekte zu verstehen. Der massive Antisemitismus der (extremen) Rechten und vor allem der Antisemitismus der Mitte, das „antisemitische Grundrauschen in der Gesellschaft“, werden weitgehend ausklammert. Damit stärkt der Resolutionsentwurf im Ergebnis das rassistische Narrativ vom Antisemitismus als einem „importierten Problem“ und wird nicht dazu beitragen, das Problem des Antisemitismus zu lösen.
Vor diesem Hintergrund fordern wir alle Mitglieder der demokratischen Fraktionen des Deutschen Bundestages auf, darauf hinzuwirken, dass die Resolution überabeitet und sie in der geplanten Form nicht verabschiedet wird.
Kontakt:
Dr. Peer Stolle, Rechtsanwalt und Vorstandsvorsitzender des RAV
Tel. 030. 44 67 92 16, stolle@dka-kanzlei.de