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Ausländerrecht ist Sonderrecht

Ausländerrecht ist Sonderrecht für Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Die Betroffenen stehen unter ausländerrechtlichen Sondernormen, die sie gegenüber deutschen Staatsangehörigen abgrenzen und diskriminieren. Bei „Ausländern“, die seit Jahren in Deutschland leben und zum großen Teil auch hier geboren sind, wird teilweise der Begriff des „faktischen Inländers“ gewählt. Für diese Inländer bedeutet der Ausländerstatus Ausgrenzung und Diskriminierung, wenn auch nach rechtsstaatlichen Grundsätzen.
Nach dem Ausländergesetz vom 1. Oktober 1965 konnte die Verwaltung weitgehend nach eigenem Ermessen Aufenthaltserlaubnissen erteilen, verlängern oder beenden. Das 1990 geänderte Ausländergesetz traf demgegenüber inhaltliche Entscheidungen über die Voraussetzungen des Aufenthalts von Ausländern und war daher umfangreicher und komplizierter. Im Zuge der Diskussion über Deutschland als Zuwanderungsland trat am 1. Januar 2005 das Aufenthaltsgesetz in Kraft. Es sieht wirtschaftspolitische Gestaltungsmöglichkeiten für begrenzte und im Rahmen des Möglichen gesteuerte Zuwanderung vor.
Das Aufenthaltsrecht reduziert die Vielfalt der früher erteilten Aufenthaltstitel auf die zeitlich befristete Aufenthaltserlaubnis und die zeitlich unbefristete Niederlassungserlaubnis. Die Integration wird zur gesetzlichen Aufgabe. Den Betroffenen werden verpflichtende Angebote zur Integrationsförderung wie Sprach- und Orientierungskurse gemacht. Im Gegensatz zu früher entscheidet die Ausländerbehörde über Aufenthaltserlaubnis und Arbeitserlaubnis. Das Aufenthaltsgesetz mit seinen Bestimmungen über Einreise, Aufenthalt sowie Beendigung des Aufenthaltes betrifft „Ausländer“ aus außereuropäischen Staaten (sogenannte Drittausländer) und trifft wichtige Entscheidungen über Einreise, Aufenthalt, Erwerbstätigkeit von Drittausländern ebenso wie Regelungen über die Beendigung des Aufenthaltes. Es ist aber weit hinter den Erwartungen derer zurückgeblieben, die ein modernes und fortschrittliches Zuwanderungsrecht erhofften. Seit Januar 2005 wurde das Aufenthaltsgesetz insgesamt zehn Mal geändert. Überwiegend mit dem Ziel, den Zuzug zu erschweren.
Nach dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 wurden die ausländerrechtlichen Regelungen verschärft. Vermeintlich dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus dienend, waren sie aber bei genauer Betrachtung dem althergebrachten Bedürfnis der Ausländerüberwachung geschuldet. Das System der Kontrolle und Überwachung mit entsprechenden Möglichkeiten der Aufenthaltsbeendigung wurde im neuen Aufenthaltsgesetz in bedenklicher Weise perfektioniert und erweitert. Die Aufenthaltsbeendigung erfolgt in der Regel durch:
  • den Ablauf oder die Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis und anschließender freiwilliger Ausreise,
  • die Ausweisung aufgrund zwingender oder in das Ermessen der Ausländerbehörde gestellter Gründe,
  • durch Zurückschiebung an der Grenze,
  • oder Abschiebung.
Die Ausweisungsentscheidung der Ausländerbehörde vernichtet einen bestehenden Aufenthaltstitel und führt, ebenso wie die Abschiebung als zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht, zunächst zu einem unbefristeten Einreise- und Aufenthaltsverbot nicht nur für Deutschland, sondern für alle Schengen-Staaten. Dies bedeutet für den betroffenen „Ausländer“ faktisch ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Europäische Union.
Die Ausweisungsgründe sind vielfältig. Ausgewiesen werden regelmäßig Straftäter, die zu Freiheits- oder Jugendstrafen ohne Bewährung verurteilt wurden, aber auch „Ausländer“, die wegen Schleuserkriminalität vor Gericht standen, jedoch nur mit einer Geldstrafe belegt wurden. Regelmäßig wird auch bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelrecht ausgewiesen, wobei es noch nicht mal auf die Schwere des Verstoßes oder gar eine rechtskräftige Verurteilung ankommt.
Regelmäßig wird auch ausgewiesen, wenn der Verdacht besteht, dass der/die Betroffene durch seine/ihre Handlungen oder Haltungen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder ihrer Einrichtungen gefährdet. Dies ist insbesondere bei vermuteten Bezügen zum Terrorismus der Fall. Problematisch ist hier insbesondere, dass „Tatsachen ausreichen sollen, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass es Bezüge zu einer entsprechenden Vereinigung oder Einzelpersonen gibt“. Die Erfahrung zeigt, dass die „Tatsachengrundlage“ in der Regel vom Verfassungsschutz geliefert und von der Ausländerbehörde mit den entsprechenden Schlussfolgerungen übernommen wird. Bei Terrorismusbezug bedarf es weder einer Verurteilung noch eines Ermittlungsverfahrens, entsprechende Behauptungen der Dienste reichen aus.
Bedenklich ist auch die Sicherheitsbefragung, wonach die Betroffenen aufgrund der Klärung von Bedenken gegen die Einreise und den weiteren Aufenthalt von der Ausländerbehörde befragt werden können. Diese Befragungen werden erfahrungsgemäß im Beisein des Verfassungsschutzes und des Staatsschutzes durchgeführt. Unvollständigkeiten, egal aus welchem Grund, führen schnell zu einer Ausweisung. Der Druck zur „Offenbarung“, d.h. über sich und andere Mitteilungen zu machen, ist hoch, die Verlässlichkeit, insbesondere die Nachprüfbarkeit dieser Angaben in gleichem Maße gering.
Der RAV lehnt grundsätzlich Ausweisungen ab. Sie stellen ein besonderes Sanktionsmittel gegenüber Nichtdeutschen dar. Die Folgen sind weitreichend. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, jemanden, der seine Haftstrafe verbüßt hat, darüber hinaus in Anknüpfung an seine Staatsangehörigkeit mit weitergehenden existenzvernichtenden Maßnahmen zu belegen.