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Globale Gerechtigkeit

Am 10. Dezember 1948 verkündeten die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Ihrer universelle Anwendung und Durchsetzung sind jedoch mehr als 60 Jahre später immer noch enge Grenzen gesetzt. Der RAV hat sich zum Ziel gesetzt, Menschenrechte weltweit mit juristischen Mitteln zu stärken. Er setzt er sich dafür ein, die Verantwortlichen von Menschenrechtsverletzungen juristisch zur Rechenschaft zu ziehen. Der RAV streitet dafür, dass diese Verbrechen aufgeklärt werden und die Betroffenen einen effektiven Zugang zu Rechtsmitteln erhalten, um Entschädigungen durchsetzen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen zu können.

Seit den Nürnberger und den Tokioter Kriegsverbrecherprozessen besteht ein internationaler Konsens darüber, dass Verantwortliche für schwere Menschenrechtsverbrechen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Auf dem Gebiet der internationalen Strafgerichtsbarkeit konnten seitdem Fortschritte erzielt werden. Der ständige Internationale Strafgerichtshof (ICC) wurde 1998 geschaffen und nahm am 1. Juni 2002 seine Arbeit in Den Haag auf, um die weltweite Ahndung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu ermöglichen. In Deutschland und anderen Staaten bestehen darüber hinaus nach nationalem Recht Möglichkeiten Folter oder völkerstrafrechtliche Verbrechen auch dann zu verfolgen, wenn sie in anderen Ländern begangen wurden, und die Tatverdächtigen keine Staatsbürger des eigenen Landes sind (sog. universelle Jurisdiktion). Im Gegensatz etwa zu Spanien oder Belgien hat die bundesdeutsche Justiz jedoch entsprechende Strafanzeigen bislang abgeblockt.

Generell scheinen vor allem nach dem 11. September 2001 rechtsstaatliche Mechanismen nicht mehr zu funktionieren, vor allem wenn es um Krieg und Terrorismusbekämpfung geht. Eine Vielzahl von Menschenrechtsverbrechen sind im sogenannten Krieg gegen den Terror begangen worden. Die meisten blieben bisher ungesühnt.

Gleichzeitig wird immer offensichtlicher, dass die Geltendmachung von Menschenrechten nicht bei Verfolgung von Völkerrechtsverbrechen stehen bleiben darf – auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte müssen als einklagbare Rechte anerkannt werden. Die freie Entfaltung aller und jedes Einzelnen ist nur dort möglich, wo soziale Rechte respektiert und eine soziale Grundsicherung garantiert werden. Soziale und politische Menschenrechte sind – wie das Recht im Gesamten – Ergebnis sozialer Auseinandersetzungen und damit auch immer gegen den Staat durchzusetzen.

In diesem Spannungsverhältnis agiert der RAV – national und international. Er setzt sich ein für die weltweite Geltung der Menschenrechte als Schutz vor Übergriffen von staatlichen und privaten Akteuren.

Pressemitteilungen, Stellungnahmen und andere Veröffentlichungen zum Thema

Kampagne
Am 10. Juni 2010 jährt sich das SS-Massaker in dem griechischen Dorf Distomo bei Delphi: 218 Menschen – vom zwei Monate alten Säugling bis zum 86-Jährigen – wurden vor 66 Jahren von der 4. SS-Panzerdivision ermordet. Bis heute hat die Bundesrepublik die Forderungen der wenigen Überlebenden und Angehörigen der Ermordeten brüsk zurückgewiesen. Die Bundesregierung versucht stattdessen, die Durchsetzung rechtskräftiger Urteile, die griechische und italienische NS-Opfer vor nationalen Gerichten in Italien und Griechenland erstritten haben, mit einer Klage vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag zu verhindern. Der IGH Gerichtshof soll nach den Vorstellungen der deutschen Regierung den Vollstreckungsmaßnahmen und zukünftigen, weiteren Gerichtsverfahren die Grundlage entziehen. Um…
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Pressemitteilung
Mit einem heute in Den Haag eingereichten Schriftsatz fordern Anwältinnen und Anwälte aus Griechenland, Italien und Deutschland eine Beteiligung ihrer Mandanten in dem Verfahren „Bundesrepublik Deutschland vs. Republik Italien“ und eine Abweisung der Klage.
Am 23.12.2008 erhob die deutsche Regierung Klage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag (Völkerrechtsgerichtshof der UNO). In dem Verfahren geht es um die grundlegende Frage, ob von Verbrechen Nazi-Deutschlands betroffene Menschen das Recht haben, direkt gegen Deutschland auf Entschädigung zu klagen und ihre Ansprüche gegen deutsches Staatseigentum – auch im Ausland - zu vollstrecken. Deutschland will mit der Klage den italienischen Staat zwingen, solche Gerichtsverfahren in Italien zu stoppen und die Vollstreckung bereits…
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Veranstaltung, Hamburg, 22.4.2010
Vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag geht es in dem Verfahren "Bundesrepublik Deutschland vs. Republik Italien" um die grundlegende Frage, ob von Kriegs- und Menschheitsverbrechen Nazi-Deutschlands betroffene Menschen das Recht haben, direkt gegen Deutschland zu klagen und ihre Ansprüche gegen deutsches Staatseigentum - auch im Ausland - zu vollstrecken. Einer der zu verhandelnden Fälle betrifft das am 10. Juni 1944 von deutschen SS-Einheiten verübte Massaker an 218 Bewohnerinnen und Bewohnern des griechischen Dorfes Distomo. Klagen in Griechenland haben bereits im Jahr 2000 zu einem rechtskräftigen Entschädigungsurteil über 28 Millionen Euro geführt. Gezahlt wurde nichts. Die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches will in Den Haag ihre…
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Stellungnahme zur Repression gegen Kolleginnen und Kollegen in der Türkei und den kurdischen Gebieten
Am 11.04.2008 berichteten wir über das Strafverfahren gegen unsere Kollegin Eren Keskin in der  Türkei wegen ihrer Aussagen in einem Interview für den Tagesspiegel. Über ihr Rechtsmittel gegen ihre Verurteilung zu 6 Monaten Haft und zusätzlicher Geldstrafe wegen Verunglimpfung und Herabwürdigung des türkischen Militärs ist durch den Kassationsgerichtshof noch nicht entschieden worden. Der Umstand, dass die Verurteilung unserer Kollegin noch nicht rechtskräftig ist, hinderte den Disziplinarausschuss der Rechtsanwaltskammer Istanbul, welcher auf die Aufforderung des Präsidiums des militärischen Generalstabs hin bereits mit Beschluss vom 06.12.2007 ein Disziplinarverfahren gegen Eren Keskin eingeleitet hatte, jedoch nicht, eine eigne Entscheidung zu treffen: Am 03. Februar 2010 entschied der…
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Stellungnahme zur Vorlage des BVerwG an den EuGH
»Daß Du Dich wehren mußt, wenn Du nicht untergehen willst, wirst Du doch einsehen« (B. Brecht) Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor rund einem Jahr exemplarisch zwei Verfahren zu Fragen der Auslegung des so genannten Terrorismusvorbehalts i.S.d. Richtlinie 2004/83/EG (Qualifikationsrichtline) und § 3 Abs. 2 AsylVfG (alte Fassung: § 60 Abs. 8 AufenthG) vorgelegt und zugleich seine eigenen Rechtsansichten zu den aufgeworfenen Fragen formuliert (BVerwG 10 C 48.07 betreffend einem ehemaligen Mitglied der DHKP/C und BVerwG 10 C 46.07 betreffend einem ehemaligen Mitglied der PKK). Der Europäische Gerichtshof hat die beiden Sachen zur gemeinsamen Entscheidung verbunden (C–57/09 und C 101/09). Der Termin zur mündlichen Verhandlung wurde auf den 9. März…
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Mitteilung
Seit Anfang Dezember 2009 beobachtet das European Center for Constitutional and Human Rights die zur Zeit laufenden Hauptverhandlungen vor argentinischen Bundesgerichten gegen ehemalige Militärs wegen Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur (1976 bis 1983). Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, Generalsekretär des ECCHR, Sprecher sowie einer der Anwälte der 1998 gegründeten deutschen „Koalition gegen Straflosigkeit. Wahrheit und Gerechtigkeit für die deutschen Verschwundenen in Argentinien" berichtet von dort gemeinsam mit der Berliner Filmemacherin Alexandra Weltz (Parkafilm) unter anderem mit diesem Videoblog. Der RAV ist Mitglied der „Koalition gegen Straflosigkeit“ und unterstützt diese seit vielen Jahren in ihrem Kampf um eine strafrechtlichen Verfolgung von schweren…
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Veranstaltung, Berlin, 3.12.2009
Seit Jahrzehnten verweigern bundesdeutsche Regierungen einem Teil der Opfer von NS-Kriegsverbrechen in ehemals von Nazi-Deutschland besetzten Ländern Entschädigungsleistungen; Verfahren vor deutschen Gerichten blieben ergebnislos. Dagegen hatten zahlreiche Klagen griechischer und italienischer NS-Opfer und deren Angehöriger vor einheimischen Gerichten Erfolg. Bereits im Jahr 2000 erstritten Überlebende und Angehörige eines Massakers deutscher SS-Truppen im griechischen Distomo vor dem obersten Gericht Griechenlands (Aeropag) ein rechtskräftiges Urteil, demzufolge Deutschland 22 Mio. Euro zu zahlen hat. Nachdem eine Vollstreckung dieser Entscheidung in Griechenland scheiterte, erklärte der italienische Kassationsgerichtshof 2008 die Vollstreckung in Italien für zulässig. Parallel dazu…
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Veranstaltung, Hamburg, 25.11.2009
Mittwoch, 25. November 2009, 18.30 Uhr
Universität Hamburg, Raum ESA H, Edmund-Siemers-Allee 1 (Hauptgebäude), 20146 Hamburg

Rechtsanwalt Gonzalo Boyé berichtet über aktuelle Ermittlungen spanischer Strafverfolgungsbehörden gegen hochrangige US-Juristen, die mittels „Rechtsgutachten“ maßgeblich die Grundlage für das „System Guantanamo“ gelegt haben.

Referenten: Rechtsanwalt Gonzalo Boyé (Madrid)
Prof. Dr. Rainer Keller (Universität Hamburg)
Moderation: Rechtsanwalt Carsten Gericke (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein, RAV) Im März 2009 reichte der spanische Rechtsanwalt Gonzalo Boyé zusammen mit weiteren Kolleginnen und Kollegen in Spanien eine Strafanzeige gegen hochrangige Juristen der vormaligen US-Regierung ein, die durch vermeintliche Rechtsgutachten die Rechtfertigung…
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Republikanische Vesper
Das Beispiel Distomo Referentin: Gabriele Heinecke, Rechtsanwältin, RAV-Vorstandsmitglied Moderation: Hannes Honecker, Rechtsanwalt, RAV-Geschäftsführer Bis heute weigert sich der deutsche Staat, den Überlebenden des Massakers von Distomo, bei dem am 10. Juni 1944 218 Zivilisten von der SS ermordet wurden, Entschädigungen zu zahlen, obwohl das oberste griechische Gericht die Bundesrepublik dazu im Jahre 2000 rechtskräftig verurteilt hat. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Ablehnung von Entschädigungszahlungen im Jahre 2006 damit begründet, dass das Massaker in Distomo ein unerlaubter Exzess einer an sich zulässigen Vergeltungsmaßnahme gewesen sei. Und ein allgemeines Kriegsschicksal begründe keine individuelle Entschädigung. Wir wollen uns über den aktuellen Stand der juristischen…
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Tagung, Berlin, 26. - 27.06.2009
Tagungsprogramm (pdf) 1. Der I. Weltkrieg verursachte ca. 15 Millionen Kriegstote, der II. Weltkrieg mehr als 55 Millionen und in den über 200 Kriegen, die seit 1945 stattgefunden haben, kamen ca. 25 bis 35 Millionen Menschen um (ca. 70 bis 90 % waren Opfer aus der Zivilbevölkerung). Allein der 2003 begonnene US-geführte Angriffskrieg der "Koalition der Willigen" gegen Irak soll bis 2006 ca. 655.000 Menschen das Leben gekostet haben. Schon die Zahlen zeigen: Die Menschheit war in ihrer Geschichte – bis heute – nicht besonders produktiv bei der Beantwortung der Frage: Wie bringt man die vielfältigen und vielfach gegenläufigen Interessen sowie die auseinanderstrebenden Willen der Individuen, Gemeinschaften, Völker und Staaten in einen das friedliche Zusammenleben ermöglichenden Rahmen? Wie…
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Veröffentlichungen im RAV-InfoBrief zum Thema