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8. Juli 2017 ›GeSa Neuland‹ - Nun Zentrale der SoKo ›Schwarzer Block‹

ANWALTLICHER NOT(STANDS)DIENST

Lino Peters

Nach vier langen Schichten öffne ich die schwere Jalousie, welche vom Inneren des Justizcontainers den Blick verstellt auf die Gefangenensammelstelle in Hamburg-Harburg. Nach fünf Tagen und vier Nächten der Bemühung, anwaltlichen und menschlichen Beistand zu leisten, in einem unmenschlichen Gefangenenlager. Zwischendurch, an Vormittagen in Hamburg-Altona, immer wieder Berichte von und gegenüber den Kolleginnen und Kollegen der Büroteams und des ›Legal Team‹ auf den Straßen. Immer wieder gegenseitige Fassungslosigkeit ob der offenen Rechts- und Verfassungsbrüche, die in der 27. Kalenderwoche in Hamburg zu einer Art von Alltag wurden.
Aber es ist doch kein Alltag. Ich vermag nicht sofort zu erkennen, ob das halbdunkle schummrige Licht draußen der Morgendämmerung oder dem Abendgrauen entspringt. Es ist irgendwie auch egal, und vor allem wird es meine 18jährige Mandantin auch nicht sagen können. Sie befand sich die letzten 32 Stunden mit vier weiteren Gefangenen in einer winzigen Zelle, durchgehend brennendes Licht, alle 30 Minuten weckten sie Beamte.
Was die meisten Gefangenen durchgemacht haben, ehe sie entlassen oder mit zum Teil absurden Haftbefehlen in die JVA Billwerder verbracht wurden, zeugt von einem systematischen Bruch der Grundrechte. Schlafentzug, Kälte, unzureichende Ernährung, Beleidigungen und anlasslose Ent- kleidungen ziehen sich wie einer roter Faden durch die vorliegenden Erfahrungsberichte.
Der Hamburger Innensenator Andy Grote sieht fünf Monate später wenig Anlass zur Kritik. Dabei führten erste verwaltungsrechtliche Klagen bereits zu Anerkenntnissen seitens der Hamburger Polizei. Der Innensenator hält jedoch weiterhin an der Rechtmäßigkeit der Haftbedingungen fest, hält Durchsuchungen unter vollständiger Entkleidung aus Anlass eines erfolgten Anwaltsgesprächs »je nach Einzelfall« für begründet. Abgesehen von der Inhaftierung der ›Falken‹, als die Hamburger Polizei 44 teilweise Minderjährige aufgrund einer angeblichen Verwechslung in Haft nahm, bleibt eine Distanzierung für die unhaltbaren, methodisch Menschenrechte verletzenden Haftbedingungen seitens der Verantwortlichen weiter aus.

Lino Peters ist Rechtsanwalt in Hamburg und Mitglied im RAV.