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Editorial 108

Die Redaktion freut sich, Ihnen nach längerer Pause wieder einen Infobrief  vorlegen zu können. Es ist viel geschehen rund um den RAV in der Zwischenzeit, und die Details dazu wollen wir Ihnen natürlich nicht  vorenthalten.

Die Geschäftsführung hat gewechselt. Wir danken dem Kollegen Carsten Gericke herzlich für seine hervorragende Arbeit in den letzten Jahren, insbesondere auch für  seine Mitarbeit in der Redaktion des Infobriefes. Wir sind sehr froh, dass er der Redaktion und dem erweiterten Vorstand des RAV erhalten bleibt. Neue Geschäftsführerin ist Ursula Groos. Sie ist als Rechtsanwältin und Mediatorin in Berlin tätig. 2004 hat sie den ›Arbeitskreis Strafvollzug‹ mitgegründet, der seitdem beim RAV angegliedert ist, und war Mitveranstalterin der ›Berliner Gefangenentage‹.

In dieser Ausgabe gratuliert zunächst Hannes Honecker Ingo Müller zum 70. und allen nachfolgenden Geburtstagen mit einem Brief, den wir zur Lektüre empfehlen.

Wir freuen uns weiterhin, dass sich eine Gruppe von Kolleginnen und Kollegen – auch bundesweit – zusammengefunden hat, die seit Jahren in der Unterstützung von Mieterinnen und Mietern aktiv ist und mit der wir seit diesem Jahr enger kooperieren  sowie schon gemeinsame Veranstaltungen zu Mietenthemen organisiert haben. Seit November 2013 haben wir damit auch einen neuen Arbeitskreis in unseren Reihen, den ›Arbeitskreis Mietrecht‹. Ende März 2014 werden zwei der Berliner Kollegen eine Fortbildung zum Wohnraummietrecht anbieten (vgl. dazu unser Halbjahresprogramm in diesem Heft).

Zu den Schwerpunkten des RAV in den Jahren 2012/2013 gehörten vor dem Hintergrund des mittlerweile 20 Jahre alten sogenannten ›Asylkompromisses‹ und der zehn Jahre alten ›Dublin II‹-Vereinbarung, Migrations-, Flüchtlings- und Asylfragen.
Auf den nachfolgenden Seiten haben wir eine Positionsbestimmung zu diesen Fragen dokumentiert. Fabian Georgi zeigt in seinem Beitrag »Dilemmata einer ›progressiven‹ Migrationspolitik« mögliche und notwendige Schritte einer radikalreformistischen Migrationspolitik auf und macht damit deutlich, in welchem Dilemma eine Linke steckt, die sich einer schonungslosen Auseinandersetzung  mit den eigenen Widersprüchen und Anteilen am Migrations- und Flüchtlingselend nicht stellt, sie somit nicht in eigene Positionen integrieren kann und auch deshalb Teil des Problems bleiben wird. Britta Eder zeichnet die Situation der Hamburger Flüchtlinge in ihrem Beitrag ›Lampedusa in Hamburg‹ nach.

Im NSU-Verfahren, das derzeit in München verhandelt wird, sind einige unserer Mitglieder als NebenklagevertreterInnen tätig. Der bisherige Verlauf des Verfahrens zeigt, dass kein großes Interesse an der Aufklärung der Hintergründe der Taten sowie dem Versagen staatlicher Institutionen besteht. Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Bundestages versäumte es sowohl, den institutionellen Rassismus als ein wesentliches Problem zu benennen, als auch wirksame Maßnahmen anzuregen, wie diesem Problem zukünftig begegnet und vorgebeugt werden kann. Wir dokumentieren die Erklärung  einiger NebenklagevertreterInnen nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts, die auf dessen Schwachstellen hinweist.

Ralf Oberndörfer hat am 24. Januar 2013 zum ›Tag des bedrohten Anwalts‹ und zum Gedenken an Hans Litten einen Vortrag gehalten, der für eine freie Advokatur und das Recht, Rechte zu haben, nicht nur das Leben Hans Littens nachzeichnete, sondern auch auf die Aktualität seiner Arbeit für uns Heutige hinweist.

Der RAV sieht es als eine wesentliche Aufgabe, verfolgte KollegInnen in anderen Ländern zu unterstützen, nicht zuletzt, weil sie dort Garanten für die Wahrung der Rechte der Schwachen und Verfolgten sind. Am diesjährigen ›Tag des verfolgten Anwalts‹ machte der RAV zusammen mit anderen europäischen Anwaltsvereinigungen auf die Situation der Kolleginnen und Kollegen im Baskenland aufmerksam, nachdem im Jahr 2012 verfolgte türkische Kolleginnen und Kollegen im Mittelpunkt standen. Die Massenverfahren gegen eine Vielzahl von türkischen Kolleginnen und Kollegen in dem sogenannten KCK-Verfahren und dem ÇHD-Verfahren beschäftigten uns im Jahr 2013 – und werden es weiter tun. Der RAV ist Teil einer internationalen Gruppe von ProzeßbeobachterInnen, die die genannten Verfahren begleitet und so Öffentlichkeit herstellt. Anne-Kathrin Krug hat mit einem der zwischenzeitlich freigelassenen Kollegen ein Interview geführt, das wir in diesem Infobrief dokumentieren. Am 2. und 3. Dezember haben zudem türkische Kollegen bei Veranstaltungen in Berlin und Düsseldorf über die aktuelle Situation berichtet und dabei auch die Frage aufgegriffen, wie es ›nach dem Gezi-Park‹ weitergehen könnte.

Abschließend weisen wir auf unseren bewährten Fachlehrgang Strafverteidigung hin, welchen wir 2014/15 in Berlin anbieten werden.

Wir wünschen eine anregende Lektüre!

Die REDAKTION Volker Eick, Carsten Gericke, Ursula Groos, Hannes Honecker, Anne-Kathrin Krug, Peer Stolle