Zur Beschaffung von Passersatzpapieren aus Guinea und Sierra Leone durch deutsche Ausländerbehörden
Später mussten sie vom Vorgesetzten in einem »Nachtrag zum Vermerk« der Übersichtlichkeit halber zusammengefasst werden (10): »Die ABH Hamburg hat sich ebenfalls an dem Flug nach Guinea beteiligt. Herr V. sprach am 18.7.08 persönlich bei der ABH in Hamburg vor und bat dort um Amtshilfe zur PEP–Beschaffung für ..., da nach telefonischer Auskunft der ABH HH die Kosten wesentlich geringer sein würden als 2500,– Euro. Er erhielt eine mündliche Zusage für die Amtshilfe, die vorläufigen Gebühren von 250,– Euro legte er zunächst aus. Am 28.7.08 konnte Herr V. das PEP in HH abholen. Die Gebühren beliefen sich auf insgesamt 500,– Euro.«
Nun wissen wir seit der Antwort des niedersächsischen Innenministers, dass bei der Zahlung von 2.000 Euro oder auch mal 2.500 Euro für ein Passersatzpapier alles mit rechten Dingen zugeht, denn das viele Geld wird für »weitergehende Nachforschungen in Guinea« verwendet. Es ist gut das vom Herrn Innenminister zu erfahren, denn aus den jeweiligen Ausländerakten erfährt man es nicht.
Der Afrikaner, für dessen Passersatzpapier die in der Überschrift dieses Beitrags erwähnten 2.500,– Euro bezahlt wurden, war noch nicht einmal bei der Botschaft oder einer der dubiosen »Delegationen« vorgeführt worden. Auch scheinen die »weitergehenden Nachforschungen in Guinea« so umfassend – oder sollte man sagen uferlos ? – gewesen zu sein, dass der Geburtsort des Betreffenden im Passersatzpapier gar nicht mehr angegeben wurde. Auch in dem Passersatzpapier, für das die Zentrale Aufnahme– und Ausländerbehörde Braunschweig (heute Zentrale Aufnahme– und Ausländerbehörde Niedersachsen) nach einem Aktenvermerk vom 23.August 2007 insgesamt 2.000,– Euro zahlte (11), ist die Formularzeile für den Geburtsort nicht ausgefüllt.
Nach einem Aktenvermerk ist dieses Passersatzpapier »Gültig ab 05.03.2008 siehe PEP und Schriftverkehr im Tresor.« Auch die guineische Seite will die schriftlichen Zeugnisse dieses Dokumentenhandels mittlerweile lieber wieder aus dem Verkehr ziehen. So berichtete ein junger Mandant, der am 18. November 2009 bei der Botschaft Guineas in Berlin vorgeführt wurde, dass der Konsularbeamte das von einem Mitarbeiter der ZAAB Niedersachsen vorgelegte Passersatzpapier einbehielt, es als falsch bezeichnete und erklärte, man werde das Passersatzpapier zerstören. Den Landkreis Cuxhaven hingegen hält sparsam, sturmfest und erdverwachsen an der mit viel Geld teuer festgestellten guineischen Staatsangehörigkeit fest und will meinen Mandanten, auf den sich das Zitat in der Überschrift dieses Artikels bezieht, ab 16. Januar 2010 nach Guinea abschieben.
Ähnliche Methoden der Passersatzpapierbeschaffung deuten sich auch bei Sierra Leone an. So schreibt das Bundespolizeipräsidium am 10. November 2008 an die Bremer Ausländerbehörde: »Es ist daher beabsichtigt, einen Vertreter des Bundespolizeipräsidiums in Begleitung eines Sprachmittlers nach Sierra Leone reisen zu lassen, um die Dokumente abzuholen (...) Voraussichtlich entsteht pro beschafftes Dokument ein Kostenanteil von ca. 100,– Euro zuzüglich der Ausstellungsgebühren« (12).
Und ohne dass jemals eine Summe oder auch nur eine Größenordnung für die »Ausstellungsgebühren« genannt wird, antwortet die Bremer Ausländerbehörde: »Sie baten um Bestätigung der Kostenübernahme, die wir Ihnen hiermit ausdrücklich zusichern« (13).
Einigen Verwaltungsgerichten sind diese Methoden der Passersatzpapierbeschaffung zu undurchsichtig. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat bereits im Oktober 2008 zur Ermittlung der guineischen Staatsangehörigkeit anhand der Kopfform und der Bezahlung von 2.000 Euro pro Passersatzpapier festgestellt: »Ein solches Verfahren unterliegt erheblichen rechtsstaatlichen Zweifeln (Art. 19 Abs. 4 GG) und ist nicht im Ansatz geeignet, eine Staatsangehörigkeit festzulegen.« (14) Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen vom 8. Januar 2010 – 4 V 1306/09 – zu einer Vorführung bei »Vertretern« Sierra Leones begründen diverse im Beschluss näher dargestellte »Ungereimtheiten grundsätzliche Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Ausstellung von Passersatzpapieren für Sierra Leone« (15) so dass diese Vorführung gestoppt wurde.
Jan Sürig arbeitet als Rechtsanwalt in Bremen.
Fußnoten
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20Landkreis%20 Cuxhaven.pdf
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20Guinea%20–%20Zahlung%202000%20EUR%20pP%20–%20 kleine%20Anfrage%20Hamburg.pdf 4 anwaltsdatenbank.net/adb/servlet/upload/root/ Abschiebung/Passbeschaffung/
Guinea%20–%20PEP%20 fuer%202500%20EUR%20–%20LKr.%20Harburg.pdf 5 siehe Fussnote 4 6 anwaltsdatenbank.net/adb/servlet/upload/root/ Abschiebung/
Passbeschaffung/PEP–Beschaffung%20 Guinea%20–%20kleine%20Anfrage%20–%20Senat%20 Bremen%202009.pdf 7 anwaltsdatenbank.net/adb/servlet/upload/root/Laender/Guinea/
2000EUR%20fuer%20Passersatz%20Guinea.pdf 8 www.daniela–behrens.de/imperia/md/content/bezirknord–niedersachsen/
danielakrause–behrens/anfragen/anfragenausderregion/
16–1876__guinea_abschiebe–verfahren. pdf 9 anwaltsdatenbank.net/adb/servlet/upload/root/Abschiebung/
Passbeschaffung/PEP%20Guinea%20fuer%20 500%20EUR%20in%20bar%20–%20Landkr.%20Harburg. pdf 10 siehe Fussnote 9 11 siehe Fussnote 7 12 anwaltsdatenbank.net/adb/servlet/upload/root/Laender/Sierra%20Leone/
PEP–Beschaffung%20in%20Sierra%20Leone%20durch%20
BPolizei%20–%20BPraesidium%20u.%20Stadtamt%20
Bremen%202009%20.pdf 13 siehe Fussnote 12 14 VG Lüneburg Beschluss vom 22.10.2008 – 1 B 55/05 = www.dbovg.niedersachsen.de/Entscheidung. asp?Ind=0550020050000551%20B 15 www.verwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/media. php/13/09v1306–b02.pdf