Geheime Informanten

Hannes Honecker "Vertrauensleute, V-Leute, geheime Informanten - eine unheimliche Geschichte von Lug und Trug, Täuschung und Verrat, faszinierend und unappetitlich zugleich, grotesk und doch bundesdeutsche Realität." So beginnt Rolf Gössners Buch, das unter dem Titel GEHEIME INFORMANTEN Anfang Oktober im Verlag Knaur erschienen ist und sich mit dem NPD Verbotsverfahren, der V-Mann-Affäre sowie einer Vielzahl von rechtsextremen V-Mann-Karrieren befasst.

Vor dem Bundesverfassungsgericht wurde eher zufällig bekannt, dass zwei der Hauptbelastungszeugen gegen die NPD sowohl hohe NPD Funktionäre als auch langjährige Verfassungsschutzmitarbeiter waren. Im Laufe des Verfahrens wurde dem Gericht als auch der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit bekannt, dass die NPD seit langer Zeit von V-Leuten des Verfassungsschutzes durchsetzt war. Eine Aufforderung des Gerichts an die Antragsteller, die Zahl der V-Leute in der NPD bekannt zu geben, war nicht auf die Schnelle zu beantworten, da sich sowohl V-Leute der Länderpolizeien ebenso wie die einzelner Landesverfassungsschutzbehören wie die der Bundesbehörden dort tummelten und die Beteiligten einander auch darüber nicht informierten. Viel Licht drang durch das Verbotsverfahren jedenfalls nicht in das Dunkel des V-Mann-Unwesens. Es blieb unklar, welche Beweise die V-Personen im Verbotsverfahren selbst produziert hatten. Keine Auskunft wurde darüber erteilt, an welchen Straftaten V-Leute, die vermeintlich zu ihrer Bekämpfung und Verhinderung eingesetzt war, sozusagen in staatlichem Auftrag begangen haben. Das Bundesverfassungsgericht stellte das Verbotsverfahren, wie allgemein bekannt ist, ohne Klärung ein.

Die NPD-V-Mann-Affäre hat, so Gössner, eine "lang verdrängte Tatsache wieder ins öffentliche Bewußtsein geholt: die Tatsache nämlich, dass Geheimdienste im Auftag der verantwortlichen Regierung mit ‚schmutzigen' Mitteln und Methoden zu arbeiten pflegen. Gössner schildert in zahlreichen Fallstudien die skandalöse Verstrickung von V-Leuten und kriminellen, verfassungswidrigen Organisationen. Er listet auf, welche Straftaten V-Leute veranlasst, angestiftet, selbst begangen oder vertuscht haben, wie viele Angriffe auf Flüchtlinge, Obdachlose, Linke, welche Brandstiftungen und Körperverletzungen und wie viele Hakenkreuzschmierereien und NS-Propagandadelikte auf ihr Konto gehen. Führt also der V-Mann-Einsatz nicht zwangsläufig dazu, das der Verfassungsschutz und die V-Männer einsetzenden Polizeien über diese Mitarbeit praktisch zur Verfestigung der Szene beitragen, die er eigentlich überwachen und bekämpfen soll? Gössner verlangt eine kritische Öffentliche Diskussion über das V-Leute-Unwesen. Es führt kein Weg daran vorbei, endliche politische Konsequenzen aus den rechtswidrigen Missständen zu ziehen. Rolf Gössner, Geheime Informanten V-Leute des Verfassungsschutzes: Kriminelle im Dienst des Staates, Knaur Taschenbuch, München 2003, 12,90 Euro