Europa: Raum von Freiheit, Sicherheit und Recht?
Seit Jahren beschäftigt sich die Europäische Anwaltsorganisation EDA mit der Entwicklung der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Europa. Die Errichtung der europäischen Polizeibehörde Europol wurde ebenso stark kritisiert wie jüngst die zunehmende Repression gegen Globalisierungskritiker und die Antiterrorismusgesetzgebung. Maßnahmen innerhalb der justiziellen Zusammenarbeit wurden kontrovers diskutiert. Insbesondere der geplante Corpus Juris, ein europäisches Strafgesetz- und Strafprozessrecht zur Verteidigung der finanziellen Interessen der EU oder Eurojust wurden von einem Teil der EDA kritisiert. Der Aufbau des Europäischen Straf- und Strafprozessrechts ohne eine sichere Fundierung auf Grund- und Verfahrensrechten mache die Exekutive zu stark. Andere begrüßten den Versuch, gemeinsame Standards zu kodifizieren und gerichtliche Kontrollen zu installieren.
Nach dem Wegfall des äußeren Feindes und der äußeren Bedrohung wurde in der neuen NATO-Doktrin von 1999 ein neuerer umfassender Sicherheitsbegriff verankert, wonach bereits soziale und ökonomische Krisen (Migrationsbewegungen oder Rohstoffverknappung) zur Intervention auch außerhalb des Bündnisgebietes berechtigen. Seit dem 11. September 2001 hat sich die sicherheitspolitische Situation in Europa noch einmal verändert, die Grenzen zwischen Militärs und Polizei, zwischen Innerer und Äußerer Sicherheit verschwimmen, die Bedeutung der Geheimdienste hat zugenommen. Diese Entwicklung wird besonders anschaulich in dem Begriff “Krieg gegen den Terrorismus”.
Die Verantwortlichen der Inneren und Äußeren Sicherheit stellen eine diffuse Bedrohungssituation fest, die Szenarien wechseln nach freiem Belieben. Die Eingriffsvoraussetzungen für Polizei und Militärs sind jedenfalls demokratisch und gerichtlich kaum noch kontrollierbar. Die Größe der behaupteten Gefahr rechtfertigt dann (fast) jeden Eingriff von Polizei und Militär in Grund- und Verfahrensrechte der Betroffenen.
Damit gerät der Strafprozess als Veranstaltung mit zumindest theoretisch gleichen Waffen für alle Verfahrensbeteiligten in Gefahr. Die ersten Betroffenen der europäischen Innen- und Justizpolitik sind seit 2001 die Globalisierungskritiker, die bei der Ausübung der politischen Teilhaberechte, der Versammlungs- und Meinungsfreiheit die Beschädigung fast aller ihrer Rechte befürchten müssen. Noch dramatischer ist die Situation der Flüchtlinge und Nicht- EU- Ausländer, die einem harten Kontrollregime unterworfen sind bis hin zu ihrer Rechtlosigkeit in den neuen Ausreiselagern.
Diese Entwicklung soll im ersten, eher theoretischen Teil der Konferenz durch Vorträge illustriert werden. Danach sollen in Arbeitsgruppen, vor allem aus anwaltlicher Perspektive, Handlungsperspektiven und rechtspolitische Initiativen diskutiert werden.
Die Tagesordnung:
Email: RAVeV[at]t-online.de.
Tagungsbeitrag: € 100,--, ermäßigt für Studenten und Referendare: € 75,--
Übersetzung in deutscher, englischer und französischer Sprache