Presseerklärung

Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein ruft zu Demonstrationen gegen die Endlagerung von Atommüll in Gorleben auf. Die zunehmende Grundrechtsfeindlichkeit der Bezirksregierung und des Landes kann nicht hingenommen werden. In den vergangenen Jahren wurden Genehmigungen zu Demonstrationen bis zuletzt hinausgezögert, durch umfassende Absperrungen der Transportstrecken weite Bereiche unpassierbar gemacht, durch zahllose Platzverweise Aufenthaltsverbote ausgesprochen und durch Ingewahrsamnahmen Massen von Demonstranten eingesperrt. Der Aufruf zur Demonstration soll nunmehr ein Zeichen gegen die Freiheit vom Recht im Wendland setzen.
Daneben besteht eine mindestens ebenso gefährliche Grundrechtsgleichgültigkeit der Justizorgane. Im März und im November 2001 kam es anläßlich des Castor-Transportes zu insgesamt 2.180 präventiv-polizeilichen Festnahmen über mehrere Tage und an mehren Orten. Es standen zwar ausreichend Container und Käfige zum Einsperren der Demonstranten zur Verfügung, für die Logistik zur Beachtung des Richtervorbehaltes war dagegen nicht vorbeugend Sorge getragen worden. Nur in schätzungsweise 180 Fällen kam es überhaupt zur richterlichen Befassung mit den Freiheitsentziehungen. Mal kam die Polizei „mit der Erfassung nicht nach“ mal konnten „die Akten noch nicht vorlegen“ werden. Häufig vergingen zwischen Festnahme und Vorführung beim Richter 20 Stunden. In fast 2000 Fällen fand weder eine richterliche Anhörung noch eine Befassung des Gerichtes mit dem konkreten Fall statt, dennoch wurden Betroffenen zwischen 10 und 25 Stunden (zum Teil über Nacht ohne Kenntnis des Richters von ihrer Existenz) von der Polizei festgehalten, darunter Jugendliche mit Kinderausweis.
Eigene Anträge der Betroffenen auf richterliche Überprüfung und Vorführung wurden grundsätzlich mißachtet, nicht protokolliert und nicht weitergeleitet. Da den Gefangenen Papier, Stifte und Handys bei der Einlieferung abgenommen werden, sind sie der Willkür der Polizeibeamten ausgesetzt. In fast allen Fällen zeigten sich die Richter im Ergebnis hilflos gegenüber den Tricks der Polizei: nur selten, nur nach Stunden und nur mit hohem (vorher organisierten) anwaltlichen Aufwand konnten die Richter überzeugt werden, Freilassungsentscheidungen zu treffen. Meistens dauert es schon Stunden, die persönliche Anhörung einiger weniger Betroffener durchzusetzen, obwohl diese gesetzlich vorgeschrieben ist und ohne die effektiver Rechtsschutz leerläuft.
Recht ist ein Instrument der Begründung und Sicherung von Herrschaft. Es ist aber auch eine Waffe, sich gegen Herrschaft zur Wehr zu setzen. Das Recht in dieser Weise zugunsten des Schwächeren zu nutzen und zu entwikeln, ist Ziel des RAV. Abwehr von Herrschaftsansprüchen ist auch das Eintreten für das Recht der kommenden Generationen, eine lebenswerte Existenz in einer unzerstörten Umwelt vorzufinden.