Legal Teams in Brüssel
Das Legal Team gliederte sich in vier Gruppen auf nationalem Niveau:
I. Die Organisation der Legal Teams in Laeken
Diese Gruppe war dafür zuständig unter den DemonstrantInnen Informationen zu verteilen, sowohl schriftlich als auch über Lautsprecher. Sie beobachteten die Ereignisse und sammelten Fakten, wie z.B. die Namen und Berichte von ZeugInnen. Sie übermittelten die Informationen von der Straße zur „Permanence“ und versuchten in Fällen, in denen Rechte der DemonstrantInnen verletzt wurden, zu intervenieren. In jeder dieser Kleingruppen befand sich ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin.
Die Permanence/Erste Linie Dauerdienst
Sie stellten den Kontakt zu den Anwäl-tinnen und Anwälten her.
Die Permanence/Zweite Linie, RechtsanwältInnen
Sie gewährleisteten die sofortige juristische Beratung und Einleitung von Maßnahmen, wenn die DemonstrantInnen Repressionsmaßnahmen ausgesetzt waren. Diese Gruppe hatte auch im Vorfeld mit Polizei und Staatsanwaltschaft verhandelt.
La colonne „frontière“/Grenzgruppe
II. Aufgaben der Legal Teams
Es wurden Schulungen für die nicht-juristischen Mitglieder des Legal Teams, über die gesetzlichen Grundlagen der Polizei und Staatsanwaltschaft, die Vorbeugemaßnahmen und die Rechte der DemonstrantInnen durchgeführt. Ihre Aufgaben waren: Die Informationsweitergabe an die belgischen und ausländischen Demonstrantinnen über ihre Rechte und ihr Verhalten im Falle von Festnahmen und bei sonstigem Kontakt mit den Ordnungskräften.
Die Unterstützung der DemonstrantInnen gegen die Sicherheitsmaßnahmen, wie die Schließung der Grenzen und Vorbeugegewahrsam.
Die Überwachung der Einhaltung der demokratischen Rechte der DemonstrantInnen und im Falle ihrer Verletzung zu intervenieren, die Anfertigung von Berichten und das Sammeln von (Gegen) beweisen im Falle des Konflikts oder der Festnahme gegebenenfalls die Verteidigung zu organisieren; Überwachung der Haftbedingungen.
III. Nun eine Einschätzung der Arbeit. Erfahrungen des Legal Teams in Laeken
1. Untersuchungshaft
Im übrigen entwickelte sich jedoch die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft durch die zahlreichen und massiven Interventionen der AnwältInnen so, dass - entgegen der sonstigen Gepflogenheiten in Belgien - den Beschuldigten auch bereits vor der richterlichen Vorführung die Möglichkeit gewährt wurde, mit AnwältInnen in Kontakt zu treten. Dennoch muss diese Zusammenarbeit als verbesserungsbedürftig bezeichnet werden.
2. Adminsitrativhaft
Darüber hinaus fanden systematische Durchsuchungen statt, obwohl nach dem Gesetz nur dann durchsucht werden darf, wenn die Teilnehmer an einer öffentlichen Versammlung eine reale Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen. Dennoch wurden ohne Einzelfallprüfung systematisch durchsucht und Personenkontrollen vorgenommen.
Solche Haftbedingungen und Maßnahmen verstoßen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.
3. Einreiseverbote und Ausweisungen
Eine Gruppe von deutschen DemonstrantInnen erhielt bereits in Deutschland ein Ausreiseverbot, verbunden mit einer täglichen Meldepflicht bei der deutschen Polizei, weil sie nach polizeilicher Einschätzung der Gruppe der GipfelgegnerInnen angehören könnten. Die deutsche Rechtsprechung hob diese Verfügungen in einigen Fällen auf und bestätigte die Anordnungen in anderen.
Es stellte sich heraus, dass die belgischen Behörden Identitätskontrollen zwar nicht an der Grenze aber auf belgischem Territorium durchführten, um nicht offiziell zu beantragen, das Schengener Abkommen außer Kraft zu setzen. Das heißt, dass die systematischen Kontrollen einfach ins Inland verschoben wurden. In diesen Fällen kam es zu stundenlangen Blockierungen von Bussen und Fahrzeugen.
Die Arbeit des Legal Teams war in Abschiebungsfällen besonders erschwert, da die Ausländerbehörde keinerlei Informationen herausgab.
Zahlreiche Ausweisungen wurden angeordnet und teilweise auch direkt durchgeführt. Einige dieser Ausweisungen und Abschiebungen konnten durch den Einsatz des Legal Teams verhindert werden. Obwohl die Ausweisungen in vielen Fällen gleich zu Transporten an und über die Grenze und damit zu Abschiebungen wurden, legte das Legal Team Rechtsmittel ein. Diese Abschiebepraxis widersprach allerdings auch dem belgischen Gesetz, denn bei Staatsangehörigen der Europäischen Gemeinschaft haben Rechtsmittel gegen Ausweisung und Abschiebung aufschiebende Wirkung.
Andere AusländerInnen, die nicht direkt über die Grenzen zurückgeschoben werden konnten, wurden in geschlossenen Zentren untergebracht.
In einigen dieser Fälle stellte das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Ausweisung und eine Verletzung von Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention fest. Ein Verwaltungsgericht führte aus, dass die Ausländerbehörde keine zutreffende Abwägung zwischen dem Recht sich frei zu bewegen und seine Meinung zu äußern und der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorgenommen hatte.
Das Legal Team war wie schon dargestellt, mit Eilanträgen vorbereitet und deshalb auch in der Lage, zumindest in den Fällen der namentlich bekannt gewordenen Abzuschiebenden schnell zu reagieren und auch sofort einstweilige Entscheidungen zu erreichen.
Dies zeigt die Wichtigkeit der Präsenz einer Gruppe des Legal Teams direkt an den Grenzen bzw. den Hauptzufahrtsstraßen. Zusammenfassung und Übersetzung von Silke Studzinsky.