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Freispruch für Yunus K. und Rigo B. Anwaltsverein protestiert gegen Kritik des Gerichts an Verteidigern und Medien. Polizeiliche und staatsanwaltliche Ermittlungen von Einseitigkeit geprägt

Pressemitteilung  

Gestern, am 28. Januar 2010, wurden Yunus K. und Rigo B. vom Landgericht Berlin nach fünf Monaten Hauptverhandlung vom Vorwurf des versuchten Mordes freigesprochen. Die beiden Schüler saßen zuvor gut sieben Monate in Untersuchungshaft.

So sehr die Entscheidung der Strafkammer seitens des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) begrüßt wird, gibt die gestern vorgetragene mündliche Urteilsbegründung doch Anlass für Kritik:

Die Strafkammer hatte den in dem Prozess verteidigenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten pauschal vorgeworfen, sich als Verteidiger unzulässig verhalten zu haben. Dies sei selbst in einem konfliktgeladenen Strafverfahren nicht hinnehmbar, so die Vorsitzende Richterin Müller.

„Nur durch den engagierten Einsatz der Verteidigerinnen und Verteidiger konnten die Zweifel an der These der Staatsanwaltschaft untermauert und so letztendlich der Freispruch erzielt werden", erklärt dazu Rechtsanwältin Franziska Nedelmann für den Vorstand des RAV. „Wir weisen die Vorwürfe in aller Form zurück. Die Kolleginnen und Kollegen haben sich korrekt verhalten. Wenn die Verteidigung  für ihre Mandanten nicht mehr mit den in der Strafprozessordnung vorgesehenen Mitteln arbeiten kann, ohne dafür vom Gericht gerügt zu werden, dann verdient das Wort Verteidigung seinen Namen nicht mehr."

Ebenso wenig nachvollziehbar ist für den RAV die Kritik der Kammer an der Berichterstattung der Medien: „Es ist legitim und wünschenswert, dass die Presse ihrem Auftrag nachkommt, Vorgänge von öffentlichem Interesse kritisch zu begleiten", so Nedelmann vom RAV weiter. „Weder gab es eine Kampagne der Medien, noch haben die Medien den Respekt vor der Unabhängigkeit der Justiz vermissen lassen, wie es die Kammer in ihrer mündlichen Begründung behauptet."

Der RAV bedauert weiterhin, dass die Strafkammer in der mündlichen Urteilsbegründung die Chance verpasst hat, deutliche Worte für den Status von Polizeizeugen zu finden. Die Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit von Polizeibeamten müsse genauso überprüft werden wie die anderer Zeugen. „Es darf keine Zeugen 1. und 2. Klasse geben", erklärt Rechtsanwältin Nedelmann. „Polizeibeamte können sich genauso irren wie andere Zeugen auch."

Der RAV, der den Prozess durch seine Mitglieder beobachten ließ, hat den Eindruck gewonnen, dass die polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen von Einseitigkeit geprägt waren. Vor dem Hintergrund nicht nur dieses Verfahrens und sondern auch anderer Freisprüche etwa in den Verfahren wegen Brandstiftung an Kraftfahrzeugen fordert der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein eine zügige und öffentliche Aufarbeitung dieses Verfahrens in der Justiz.


Der RAV ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Rechtsanwältinnen und

Rechtsanwälten. Seit 1978 verteidigt der RAV Bürger- und Menschenrechte und wirkt auf eine fortschrittliche Entwicklung des Rechts hin. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Kampf um die freie Advokatur, denn die Freiheit von staatlicher Bevormundung stellt für die anwaltliche Tätigkeit eine notwendige Bedingung dar.