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Filmen verboten: Erfolgreiche Klage gegen polizeiliche Filmaufnahmen bei Großdemonstration

Mitteilung

Das Verwaltungsgericht Berlin (VG) entschied mit Urteil vom 26. Juli 2010, dass das Filmen einer Anti-AKW-Großdemonstration am 5. September 2010 durch Einsatzkräfte der Polizei rechtswidrig war (Aktenzeichen VG 1K 905.09).

Mit Unterstützung der Holtfort-Stiftung und des RAV hatten die BI Lüchow-Dannenberg als Mitveranstalterin der Demonstration „mal richtig abschalten“ sowie ein Versammlungsteilnehmer Klage erhoben. Das VG stellte nun fest, dass die Kameraüberwachung der friedlichen Demonstration gegen das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung verstoßen hat.
Rund 50.000 Menschen demonstrierten am 5. September 2009 in Berlin gegen die Atomkraft und für den Abbruch des Endlagerprojekts in Gorleben, angeführt wurde die Demo von Treckern der Bäuerlichen Notgemeinschaft.
Während des Aufzuges vom Hauptbahnhof zum Brandenburger Tor fuhr ein Kleintransporter wenige Meter vor der Spitze des Demo-Zuges; Einsatzkräfte der Polizei filmten permanent den Aufzug mit mehreren auf dem Dach des Transporters montierten Kameras: “Filmen verboten!”, forderten einzelne Demo-Teilnehmer an der Spitze des Zuges.
Mit Erfolg: das Verwaltungsgericht Berlin entschied, dass die Überwachung der Demo am 5. September mittels Bildaufnahmegeräte (Video- bzw. Filmkameras) rechtswidrig war. Die Argumentation der Polizei, die Filmaufnahmen nach dem “Kamera-Monitor-Prinzip” dienten allein der Verkehrslenkung und der Leitung des Polizeieinsatzes, ließ das Verwaltungsgericht nicht gelten. Auf neun Seiten führen sie aus, dass sie in der Dauerbeobachtung der Versammlung einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit sehen und eine Einschüchterung der Demonstranten nicht auszuschließen sei: “Denn wenn der einzelne Teilnehmer der Versammlung damit rechnen muss, dass seine Anwesenheit oder sein Verhalten bei einer Veranstaltung durch Behörden registriert wird, könnte ihn dies von einer Teilnahme abschrecken oder ihn zu ungewollten Verhaltensweisen zwingen, um den beobachtenden Polizeibeamten möglicherweise gerecht zu werden”, heißt es zutreffend in den Urteilsgründen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Urteils wurde die Revision zugelassen.

Der RAV wendet sich seit längerem gegen zunehmende Beschränkungen der Demonstrationsfreiheit durch behördliche Auflagen sowie die Videoüberwachung von Versammlungen. Bereits im August 2009 hatte das Verwaltungsgericht Münster mit ähnlichen Erwägungen festgestellt, dass friedliche Demonstrationen nicht gefilmt werden dürfen.