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Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften (3. PStRÄndG)

2.5.2022; RAV-Stellungnahme

Dem RAV wurde Gelegenheit eingeräumt, zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften (3.  PStRÄndG) beim Bundesministerium des Innern und für Heimat schriftlich eine Stellungnahme einzureichen.

Der Gesetzesentwurf findet sich hier: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/Downloads/referentenentwuerfe/3-PStRaendG.html

Folgende Stellungnahme, verfasst von RA und Notar Dirk Siegfried aus Berlin, ist vom RAV beim BMI eingereicht worden:

  1. § 9 Abs. 1 PStG-E

Es ist bereits unklar, ob diese Regelung nur für die Erklärungen gelten soll, die beim Standesamt beurkundet oder beglaubigt werden, oder auch für die Einreichung von Erklärungen, die bereits bei einer anderen zuständigen Stelle beurkundet oder beglaubigt wurden. (Die Begründung scheint eher für die zweite Auffassung zu sprechen.) Jedenfalls aber ist sie überflüssig: Bei den Beurkundungen und Beglaubigungen, die beim Standesamt selbst erfolgen, ergibt sich die Notwendigkeit der persönlichen Vorsprache aus allgemeinem Beurkundungsrecht. Bei Beurkundungen und Beglaubigungen, die bereits bei einer anderen Stelle erfolgt sind, gibt es keinen rechtfertigenden Grund für die Einführung einer verpflichtenden Vorsprache zur Einreichung dieser Erklärungen. Eine solche Pflicht belastet die Anzeigenden und die Standesämter zusätzlich statt sie – dem Gesetzeszweck entsprechend – zu entlasten. Der auf Seite 70 des Entwurfes geäußerte Generalverdacht gegen Eltern von Kindern „ausländischer Herkunft“ entbehrt jeglicher empirischen Grundlage und ist zurückzuweisen. Es ist auch nicht erkennbar, inwiefern die Einführung einer verpflichtenden Vorsprache zur Einreichung bereits beurkundeter oder beglaubigter Erklärungen einer etwaigen Erhöhung der „Zahl missbräuchlicher Erklärungen“ entgegenwirken sollte.

  1. § 10 Abs. 1 PStG-E

Auch die Verschärfung von § 10 Abs. 1 PStG belastet die Anzeigenden und die Standesämter zusätzlich und ist mit dem Gesetzeszweck der Vereinfachung der Verfahren nicht zu vereinbaren. Die Entwurfsbegründung auf Seite 70 unten verkennt, dass die Anzeigenden, soweit das Standesamt die erforderlichen Daten „aus anderen Registern elektronisch abrufen kann“, nach § 10 Abs. 1 und 3 PStG in der aktuellen Fassung von Angaben bzw. Nachwiesen befreit wären. Diese Befreiung nun in das Ermessen des Standesamts zu stellen, belastet die Anzeigenden mit unnötigen Angaben bzw. Nachweisen und die Standesämter mit der Ermessensentscheidung und deren Rechtfertigung.

  1. § 12 Abs. 4 PStG-E

Die Neuregelung soll die Standesämter zur Anhörung und Beratung verpflichten und die Eheschließenden zu einem persönlichen Gespräch. Beides ist überflüssig. Die Standesämter sind ohnehin zur Beratung verpflichtet und kommen dem in aller Regel auch nach. Es gibt keinerlei Grund zur Annahme, dass sie diese Verpflichtung ausgerechnet bei den drei in § 12 Abs. 4 PStG-E genannten Fragen so eklatant vernachlässigt hätten, dass es nötig wäre, sie bei diesen Fragen nochmals ausdrücklich in die Pflicht zu nehmen.

Schlimmer ist, dass die Regelung alle Eheschließenden mit einer Gesprächspflicht belastet, auch diejenigen, die Hinweise zu den genannten Fragen überhaupt nicht benötigen, z.B., weil sie bereits informiert sind. Dies wird von den Eheschließenden nachvollziehbar als bevormundend empfunden werden und das Verhältnis zwischen ihnen und dem Standesamt belasten. Die Vermutung, dass die Beratung hier nur oder jedenfalls auch der Verschleierung einer Ausforschung dient, wird bestätigt durch die Ausführungen auf S. 71 unten der Gesetzesbegründung, wonach „Im Übrigen“ „nur durch eine persönliche Anhörung der Verlobten ein Verdacht über die Absicht der Eingehung einer Scheinehe ausgeräumt oder erhärtet werden“ könne. Wenn und soweit ein verpflichtendes Gespräch zur Überprüfung eines etwaigen Verdachts über die „Absicht zur Eingehung einer Scheinehe“ für erforderlich gehalten werden sollte, müsste dessen Einführung vom Gesetzgeber unter Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere aus Art. 6 GG, begründet werden. Die Einführung einer solchen Verpflichtung unter dem Deckmantel einer fürsorglichen Beratung missachtet die verfassungsrechtlichen Vorgaben, entwertet die bei den Standesämtern tatsächlich stattfindende Beratung und ist eines demokratischen Rechtsstaats unwürdig.

  1. § 18 Abs. 1 Satz 3 PStG-E

Auch diese Verschärfung ist überflüssig, belastet die Anzeigenden und die Standesämter und konterkariert den Gesetzeszweck der Vereinfachung der Verfahren. Es ist zudem dem Gesetz nicht zu entnehmen, welche „zusätzlichen Nachweise“ - bezüglich welcher Umstände? -  die Standesbeamt*innen zukünftig verlangen sollen. Dies wäre, wenn erforderlich, im Gesetz zu definieren.

  1. § 50 Abs. 1 PStV-E

Durch diese Neuregelung würde den Personen, die durch das Übereinkommen vom 08. September 1978 ausgegrenzt und diskriminiert werden, auch noch die Möglichkeit genommen, bei Bedarf Auszüge mit formblattkonformen Angaben zu erhalten. Stattdessen sollte die Bundesrepublik alles unternehmen, um die Formblätter der Wirklichkeit anzupassen. Für die Übergangszeit müssen Formblätter zur Verfügung gestellt werden, die die Wirklichkeit korrekt abbilden und im Übrigen den Formblättern des Übereinkommens entsprechen. Wenn dies ohne Erwähnung des Übereinkommens geschieht, ist hiermit eine Verletzung des Übereinkommens nicht verbunden. Ohnehin könnte einem solchen Vorwurf angesichts der offensichtlichen und vom Entwurf ja auch nicht bestrittenen Mängel dieses Übereinkommens gelassen begegnet werden. Zusätzlich sollte den von dem Übereinkommen ausgegrenzten und diskriminierten Personen die Möglichkeit erhalten bleiben, bei Bedarf Auszüge mit formblattkonformen Angaben zu erhalten.

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