Vorgestern, am 20. März 2019 wurden 18 Strafverteidiger*innen von dem 37. Istanbuler Strafgericht am Gerichtsstandort Silivri in Abwesenheit zu Haftstrafen zwischen 3 Jahren und 1 Monat und 18 Jahren und 9 Monaten verurteilt. 9 Kolleg*innen sollen für über 10 Jahre hinter Gitter.
Die Verurteilten sind Mitglieder des Vereins progressiver Juristinnen und Juristen (Çağdaş Hukukçular Derneği, ÇHD), der – wie auch der RAV – im europäischen Verband Europäische Demokratische Anwältinnen und Anwälte (EDA) organisiert ist. Allein aufgrund ihres anwaltlichen Engagements wird ihnen wird vorgeworfen, Unterstützer, Mitglieder oder gar Führungspersönlichkeiten der Organisation Revolutionäre Volksbefreiungspartei – Front (DHKP-C) zu sein, die in der Türkei als terroristische Organisation verfolgt wird. Das ist anwaltliche Berufsausübung und in einem auch nur annähernd demokratischen Staat keine Straftat.
Das Urteil ist das Ergebnis eines Strafprozesses, der von Beginn an willkürlich und unter Missachtung jeglicher nach der Menschenrechtskonvention garantierten Beschuldigten- und Menschenrechte geführt wurde. Die Entscheidung ist symptomatisch für den Zustand der türkischen Justiz, die nicht Wahrheitsfindung und Gerechtigkeit, sondern die Bekämpfung politisch unliebsamer Personen mit justiziellen Mitteln bis hin zu ihrer Vernichtung zum Ziel hat.
Rechtsanwalt Dr. Peer Stolle, Vorstandsvorsitzender des RAV e.V., erklärt hierzu: »Wir stehen solidarisch an der Seite unserer Kolleginnen und Kollegen. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass die deutsche Bundesregierung weiter mit dieser, sämtliche rechtsstaatliche Prinzipien missachtenden Regierung der Türkei zusammenarbeitet«.
Der RAV ist in großer Sorge, weil sich einige der verurteilten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, darunter unser Kollege, Selçuk Kozağaçlı, Vorsitzender des ÇHD und Träger des Hans-Litten-Preises, inzwischen seit Wochen mit dem Mittel des Hungerstreiks gegen die gegen sie ergriffenen Maßnahmen des diktatorischen Regimes zu wehren versuchen und ruft zu einer breiten Solidarität mit den Kolleg*innen auf.
Bei Rückfragen wenden Sie sich gern an die Geschäftsstelle des RAV.
Auch die Europäischen Demokratische Anwältinnen und Anwälte (EDA) haben sich per Pressemitteilung zu den Verurteilungen geäußert - zu lesen hier