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Keine Staatenimmunität für Kriegsverbrechen

Am 23. Dezember 2008 erhob die Bundesrepublik Deutschland Klage vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag. Ziel dieses Verfahrens ist es, die Durchsetzung von Entschädigungsan- sprüchen griechischer und italienischer NS-Opfer zu vereiteln. Diese hatten erfolgreich vor Gerichten in Griechenland und Italien Entschädigungszahlungen aufgrund erlittener Kriegsverbrechen eingeklagt, die durch die deutsche Wehrmacht während des 2. Weltkriegs begangen worden waren. Ausführliche Informationen zum Hintergrund dieser Verfahren finden sich Seite des AK Distomo. Nach dem Willen der Bundesregierung soll der IGH einer Vollstreckung bereits rechtskräftiger Urteile die Grundlage entziehen und verhindern, dass NS-Opfer zukünftig noch Entschädigungsforderungen einklagen können. Hierzu beruft sich die Bundesregierung auf den sog. Grundsatz der Staatenimmunität. Nach der von Deutschland vertretenen Auffassung genießen Staaten selbst dann absolute Immunität, wenn es um Schadensersatzansprüche aus Kriegsverbrechen geht und die Justiz des Täterstaats jegliche Entschädigung verweigert. Sollte sich Deutschland vor dem IGH mit seiner Position durchsetzen, hätte dies zweifelsohne negative Auswirkungen auf eine Vielzahl von Verfahren nicht entschädigter NS-Opfer. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass in Zukunft die Durchsetzbarkeit von Entschädigungsansprüchen nach Kriegsverbrechen generell erschwert, wenn nicht gar vereitelt werden kann. Jahrzehntelange Bemühungen, Verstöße gegen das völkerrechtliche „ius in bellum“ nicht nur strafrechtlich, sondern auch zivilrechtlich zu sanktionieren, drohen so mit einem Handschlag konterkariert zu werden. Der RAV tritt dem Ansinnen, die Opfer und Angehörigen von völkerstrafrechtlichen Verbrechen rechtlos zu stellen zugunsten einer überkommenen Auffassung nationalstaatlicher Souveränität entschieden entgegen und streitet für eine umfassende Entschädigung aller NS-Opfer.  

Pressemitteilungen zum Thema

Podiumsdiskussion, Den Haag, 12. September
Vom 12.9. bis zum 16.9.2011 werden vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag die Anhörungen zu der Klage Deutschlands gegen die Republik Italien stattfinden. Gegenstand dieses Verfahrens ist die Frage der Durchsetzbarkeit von Urteilen, die NS-Opfer wegen erlittener Kriegsverbrechen erfolgreich vor Gerichten in Italien und Griechenland erstritten haben. Die deutsche Regierung sieht in diesen Urteilen eine Verletzung der Staatenimmunität. Sie erhob bereits Ende 2008 Klage vor dem IGH, um die Vollstreckung dieser rechtskräftigen Urteile zu verhindern und - mit der Autorität des IGH - einen Schlussstrich unter die zivilrechtliche Entschädigung von NS-Opfern ziehen zu können. Anlässlich des Beginns der Anhörungen am 12.9.2011 veranstaltet der RAV zusammen mit dem European Center for…
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Podiumsgespräch, Hamburg 30.1.2011
Anlässlich des 66. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz laden wir Sie herzlich ein zu einem Podiumsgespräch. Sonntag 30.01.2011 um 13:00 Uhr im Polittbüro, Hamburg Zu Gast sind
Gabriel Bach, Ankläger im Eichmann-Prozess und langjähriger Richter am Obersten Gericht Israels
Esther Bejarano, Vorsitzende des Auschwitz-Komitees
Dieter Magsam, Rechtsanwalt, RAV
Dr. Detlef Garbe, Direktor KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Moderation: Helga Obens, Auschwitz-Komitee Es werden Filmausschnitte aus der Dokumentation von Frank Gutermuth und Wolfgang Schoen (D 2010) gezeigt: „Gabriel Bach. Der Ankläger und der Eichmann-Prozess“ Gabriel Bach, geb. am 13. März 1927 in Halberstadt, lebte bis 1938 in Berlin. Er flüchtete zwei Wochen vor dem Novemberpogrom nach Amsterdam und emigrierte von…
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Kampagne
Am 10. Juni 2010 jährt sich das SS-Massaker in dem griechischen Dorf Distomo bei Delphi: 218 Menschen – vom zwei Monate alten Säugling bis zum 86-Jährigen – wurden vor 66 Jahren von der 4. SS-Panzerdivision ermordet. Bis heute hat die Bundesrepublik die Forderungen der wenigen Überlebenden und Angehörigen der Ermordeten brüsk zurückgewiesen. Die Bundesregierung versucht stattdessen, die Durchsetzung rechtskräftiger Urteile, die griechische und italienische NS-Opfer vor nationalen Gerichten in Italien und Griechenland erstritten haben, mit einer Klage vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag zu verhindern. Der IGH Gerichtshof soll nach den Vorstellungen der deutschen Regierung den Vollstreckungsmaßnahmen und zukünftigen, weiteren Gerichtsverfahren die Grundlage entziehen. Um…
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Pressemitteilung
Mit einem heute in Den Haag eingereichten Schriftsatz fordern Anwältinnen und Anwälte aus Griechenland, Italien und Deutschland eine Beteiligung ihrer Mandanten in dem Verfahren „Bundesrepublik Deutschland vs. Republik Italien“ und eine Abweisung der Klage.
Am 23.12.2008 erhob die deutsche Regierung Klage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag (Völkerrechtsgerichtshof der UNO). In dem Verfahren geht es um die grundlegende Frage, ob von Verbrechen Nazi-Deutschlands betroffene Menschen das Recht haben, direkt gegen Deutschland auf Entschädigung zu klagen und ihre Ansprüche gegen deutsches Staatseigentum – auch im Ausland - zu vollstrecken. Deutschland will mit der Klage den italienischen Staat zwingen, solche Gerichtsverfahren in Italien zu stoppen und die Vollstreckung bereits…
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Veranstaltung, Hamburg, 22.4.2010
Vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag geht es in dem Verfahren "Bundesrepublik Deutschland vs. Republik Italien" um die grundlegende Frage, ob von Kriegs- und Menschheitsverbrechen Nazi-Deutschlands betroffene Menschen das Recht haben, direkt gegen Deutschland zu klagen und ihre Ansprüche gegen deutsches Staatseigentum - auch im Ausland - zu vollstrecken. Einer der zu verhandelnden Fälle betrifft das am 10. Juni 1944 von deutschen SS-Einheiten verübte Massaker an 218 Bewohnerinnen und Bewohnern des griechischen Dorfes Distomo. Klagen in Griechenland haben bereits im Jahr 2000 zu einem rechtskräftigen Entschädigungsurteil über 28 Millionen Euro geführt. Gezahlt wurde nichts. Die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches will in Den Haag ihre…
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Veranstaltung, Berlin, 3.12.2009
Seit Jahrzehnten verweigern bundesdeutsche Regierungen einem Teil der Opfer von NS-Kriegsverbrechen in ehemals von Nazi-Deutschland besetzten Ländern Entschädigungsleistungen; Verfahren vor deutschen Gerichten blieben ergebnislos. Dagegen hatten zahlreiche Klagen griechischer und italienischer NS-Opfer und deren Angehöriger vor einheimischen Gerichten Erfolg. Bereits im Jahr 2000 erstritten Überlebende und Angehörige eines Massakers deutscher SS-Truppen im griechischen Distomo vor dem obersten Gericht Griechenlands (Aeropag) ein rechtskräftiges Urteil, demzufolge Deutschland 22 Mio. Euro zu zahlen hat. Nachdem eine Vollstreckung dieser Entscheidung in Griechenland scheiterte, erklärte der italienische Kassationsgerichtshof 2008 die Vollstreckung in Italien für zulässig. Parallel dazu…
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Republikanische Vesper
Das Beispiel Distomo Referentin: Gabriele Heinecke, Rechtsanwältin, RAV-Vorstandsmitglied Moderation: Hannes Honecker, Rechtsanwalt, RAV-Geschäftsführer Bis heute weigert sich der deutsche Staat, den Überlebenden des Massakers von Distomo, bei dem am 10. Juni 1944 218 Zivilisten von der SS ermordet wurden, Entschädigungen zu zahlen, obwohl das oberste griechische Gericht die Bundesrepublik dazu im Jahre 2000 rechtskräftig verurteilt hat. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Ablehnung von Entschädigungszahlungen im Jahre 2006 damit begründet, dass das Massaker in Distomo ein unerlaubter Exzess einer an sich zulässigen Vergeltungsmaßnahme gewesen sei. Und ein allgemeines Kriegsschicksal begründe keine individuelle Entschädigung. Wir wollen uns über den aktuellen Stand der juristischen…
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Veranstaltungsreihe
Vor dem Hintergrund aktueller gerichtlicher Verfahren um die Auseinandersetzung mit NS-Kriegsverbrechen organisiert der Republikanische Anwältinnen- und Anwaltsverein (RAV) gemeinsam mit Arbeitskreis Distomo (Hamburg) eine Veranstaltungsreihe mit Diskussionsveranstaltungen und Filmvorführungen in Berlin, München und Den Haag.

München
Veranstaltung am Montag, 20. April 2009, 19.00 Uhr, Gasteig, Rosenheimer Straße 5, 81667 München
mit
Argyris Sfountouris (Griechenland) und Angiola Lescai (Italien)
Martin Klingner, Rechtsanwalt von Distomo-Opfern in der Bundesrepublik Deutschland und
Gabriele Heinecke, Rechtsanwältin (Mitglied im Bundesvorstand des RAV/ Vertreterin der Nebenklage in dem Prozess gegen Scheungraber)
Moderation: Michael Backmund (Mitglied im Vorstand der Deutschen Journalistinnen- und…
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Veranstaltung, Berlin, 23.9.2008
Die Stiftung Topographie des Terrors und der Republikanische Anwältinnen- und Anwaltsverein e.V. laden zu einer Vortragsveranstaltung in den Martin-Gropius-Bau ein. Zahlreiche ehemalige NS-Juristen wirkten am Aufbau des Bundesgerichtshofs mit. Dies hatte erhebliche Auswirkungen auf seine Rechtsprechung, die dazu beitrug, dass lange Zeit kein NS-Jurist wegen Rechtsbeugung zur Rechenschaft gezogen wurde. Diese personellen und inhaltlichen Kontinuitäten am höchsten bundesdeutschen Gericht verzögerten eine kritische Auseinandersetzung der Juristen mit ihrer NS-Vergangenheit erheblich.

Klaus-Detlev Godau-Schüttke, 1942 geboren, war bis 2007 Richter am Landgericht Itzehoe. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich mit dem Themengebiet der Kontinuitäten in der bundesdeutschen Justiz nach 1945. Zu…
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