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Strafprozessordnung beiseitegeschoben

Ein Bericht über eine Verhandlung in Zittau

Detlev Beutner und Jörg Eichler

 
Der folgende Bericht über ein Verfahren am AG Zittau wäre vermutlich so nicht möglich gewesen, wäre das Gericht es gewohnt gewesen, dass auf scharfe Verfahrensrechtsverletzungen auch entsprechend grundsätzliche Kämpfe um die Rechte des Angeklagten gefochten werden. Eine besondere Note bekommt dieses Verfahren aber auch dadurch, dass vorliegend nicht nur ein einzelner Richter einen »Strafprozess nach Zittauer Art« inszenierte, sondern dass die massiven Verfahrensverstöße, von denen zu berichten sein wird, im Wesentlichen nicht korrigiert werden konnten, da die Staatsanwaltschaft sich mit dem Mittel der Sperrberufung (gegen eine eingelegte Sprungrevision) »schützend« vor den Amtsrichter gestellt hat.

Der Angeklagte, Andreas Reuter, ist Totaler Kriegsdienstverweigerer. Nach der Anerkennung als sogenannter Kriegsdienstverweigerer hat er auch die Ableistung des Zivildienstes aus Gewissensgründen verweigert. Die juristische Bewertung des formalen Verstoßes gegen § 53 Zivildienstgesetz ist im Wesentlichen durchdiskutiert, weite Teile der Lehre gehen von zwingender Straffreiheit vor dem Hintergrund der in Art. 4 Abs. 1 GG garantierten allgemeinen Gewissensfreiheit aus.1

Die Rechtsprechung setzt sich praktisch nie mit der Lehre auseinander und verurteilt die Be troffenen zu Geld- oder Bewährungsstrafen in Höhe von drei bis sechs Monaten. Vorliegend verurteilte das Amtsgericht Zittau im Dezember 2007 Andreas Reuter zu einer zweimonatigen Bewährungsstrafe. Kurze Freiheits-, also auch Bewährungsstrafen, sind der obergerichtlichen Rechtsprechung nach allerdings eigentlich ausgeschlossen. Insofern korrigierte das Landgericht Görlitz das Urteil: 60 Tagessätze waren das Ergebnis des Berufungsverfahrens. Insoweit kein Grund, ein überflüssiges Wort über dieses Verfahren zu verlieren. Gerade das Ergebnis aber darf nicht darüber hinwegtäuschen, auf welche Art und Weise es zustande gekommen ist.

Konflikte bereits im Vorverfahren

Bereits im Vorverfahren deutete sich an, dass der zuständige Richter am AG Zittau, Ronsdorf, es mit der Einhaltung von Verfahrensvorschriften nicht allzu genau nimmt. Unter Totalen Kriegsdienstverweigerern ist es nicht unüblich, dass in diesem Gebiet auch juristisch erfahrene Aktive die Verteidigung übernehmen, ohne eine Zulassung als Rechtsanwalt zu besitzen, § 138 Abs. 2 StPO ermöglicht diese Konstellation. So auch im vorliegenden Fall.

Auf die Bescheidung des Antrages des Beschuldigten vom April 2006, drei von ihm benannten Personen die Zulassung als Wahlverteidiger – deren Beistandes sich der Beschuldigte gem. § 137 Abs. 1 StPO »in jeder Lage des Verfahrens« bedienen kann – zu erteilen, musste sieben Monate gewartet werden. Die Entscheidung des Gerichts, die gemeinsam mit der Bestimmung des Hauptverhandlungstermins für Dezember 2006 erging, kam nicht nur viel zu spät, sondern war auch ganz offensichtlich fehlerhaft: Die Zulassung war lediglich einem der drei als Verteidiger Gewählten erteilt worden; den – mit gemeinsamem Schriftsatz gestellten – Antrag der beiden Anderen hatte das Gericht gar nicht erst beschieden.

Der zugelassene Verteidiger beantragte, Akteneinsicht zu erhalten und den Termin aufzuheben, um zunächst über die noch nicht entschiedene Zulassung der beiden weiteren Verteidiger zu befinden. Hierauf reagierte das Gericht eine knappe Woche vor angesetztem Termin mit zwei Entscheidungen: Ablehnung der noch nicht beschiedenen Zulassungsanträge unter Hinweis auf ein fehlendes Jurastudium der Betreffenden im Gegensatz zu dem bereits zugelassenen Verteidiger.2 Für die Aufhebung des Termins indessen sah Ronsdorf »keinen Anlass«, da über die Zulassung »inzwischen entschieden« worden sei. Die beantragte Akteneinsicht blieb drei Wochen lang, bis zwei Tage vor anvisiertem Hauptverhandlungstermin, erneut unbeschieden. Unter diesen Umständen lehnte der Angeklagte den Richter (letztlich erfolglos) wegen der Besorgnis der Befangenheit ab, woraufhin der Termin nun doch aufgehoben wurde.

Die Akteneinsicht wurde durch den Vertretungsrichter dann im Januar 2007 erteilt. Der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der beiden weiteren gewählten Verteidiger hingegen wurde durch Ronsdorf nicht abgeholfen, obwohl darauf hingewiesen worden war, dass sein eigenes (rechtlich allerdings ohnehin unhaltbares) Kriterium eines Jurastudiums bei einem der beiden Abgelehnten ebenfalls hätte zur Zulassung führen müssen. Ronsdorf bemühte sich nicht einmal darum, seine insofern nunmehr willkürlich gewordenen Entscheidungen (neu) zu begründen. Entsprechend war es das LG Görlitz, welches im März 2007 korrigierend eingreifen musste und auch den beiden weiteren Gewählten nunmehr die Zulassung als Verteidiger erteilte.

Ausschalten der Verteidigung in der Hauptverhandlung

Nachdem die folgenden Monate von weiteren Auseinandersetzungen um Verteidigungsrechte geprägt waren, sollte es am 12. Dezember 2007 schließlich soweit sein: Ein Hauptverhandlungstermin war angesetzt worden, die Verteidiger waren erschienen, ebenso der Angeklagte. Zu Beginn der Verhandlung erschienen plötzlich sechs bewaffnete Beamte der Bereitschaftspolizei; die vier männlichen Beamten mit schusssicheren Westen ausgestattet. Ronsdorf ließ die erste Reihe der Zuschauersitze räumen; diese sei für die Polizei reserviert. Auf die Nachfrage eines Zuschauers, ob es hierfür eine Rechtsgrundlage gäbe, antwortete der Richter wörtlich: »Es gibt eine, und wenn Sie sich nicht gleich nach hinten setzen, sind Sie als Erster raus!« Die Beamten nahmen auf der Seite des Angeklagten Platz, quasi mit unmittelbarer Zugriffsmöglichkeit. Anlässlich dieser erneuten Eskalation durch den Richter folgte eine weitere Ablehnung. Die Verhandlung wurde unterbrochen.

Zwei Tage später fanden sich die Beteiligten wieder in Zittau ein, der Polizeischutz fehlte auch an diesem Tage nicht. Ronsdorf eröffnete die Verhandlung mit zwei Beschlüssen: Erstens verwarf er die Ablehnung seiner eigenen Person als unzulässig gem. § 26a Abs. 1 S. 3 StPO (Verschleppungsabsicht), womit er sich – unter Übertretung der Grenzen dieser Verwerfungsmöglichkeit – zum Richter in eigener Sache machte. Und zweitens – und ab hier wurde nun nicht mehr länger auch nur scheinbar auf dem Parkett des Rechtsstaats getanzt – entzog er den Verteidigern überraschend die Zulassung wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz.3

Doch damit nicht genug: Die Verteidiger hatten sich sofort nach Verkündung des Entscheidungstenors in das Publikum zu begeben, jede weitere Kommunikation mit dem Angeklagten wurde strikt unterbunden unter der Androhung, die (Ex-)Verteidiger andernfalls aus dem Sitzungssaal entfernen zu lassen. Der nunmehr vollkommen überraschend unverteidigte Angeklagte beantragte die Aussetzung der Verhandlung, weil er sich durch den plötzlichen Ausschluss seiner Verteidiger ungenügend vorbereitet fühle, die Hauptverhandlung allein durchzuführen. Dieser Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, dass die Sache kein Fall notwendiger Verteidigung sei.4

Auch der weitere Antrag des Angeklagten, dann zumindest von einem von ihm benannten Rechtsanwalt verteidigt werden zu können, wurde abgelehnt, denn jener könne zum heutigen Hauptverhandlungstermin nicht erscheinen. Eine auch nur kurzzeitige Unterbrechung der Verhandlung wurde grundsätzlich abgelehnt. Der Angeklagte bekam nicht eine Minute, sich auf diese neue Situation einzustellen. Die Hauptverhandlung rollte förmlich über ihn hinweg, wenige Minuten später war er verurteilt. Schließlich verhängte der Vorsitzende noch ein Ordnungsmittel wegen Ungebühr gegen den Angeklagten, der sich nach diesen Ereignissen geweigert hatte, sich bei der Verkündung des Urteils zu erheben.

Angesichts des Prozessverlaufs wurde das Urteil erwartungsgemäß seitens des Angeklagten angefochten, und zwar in Form der Sprungrevision, um die erheblichen Verfahrensverletzungen einer Überprüfung durch das zuständige Oberlandesgericht Dresden zu unterziehen. Gleichzeitig hatte aber auch die Staatsanwaltschaft – sie hatte die Verhängung einer dreimonatigen Bewährungsstrafe beantragt – ihrerseits die Entscheidung angriffen – allerdings mit dem Rechtsmittel der Berufung, die eben jene mit der Revision des Angeklagten beabsichtigte Überprüfung der Verfahrensweise des AG effektiv verhindern sollte.5

Geheimjustiz: Beschlüsse werden nicht ausgehändigt

Um gegen die in der Hauptverhandlung getroffenen Entscheidungen überhaupt vorgehen zu können, hatten die Verteidiger die Abschriften des die Zulassung entziehenden Beschlusses, des Sitzungsprotokolls sowie des den Ablehnungsantrag als unzulässig verwerfenden Beschlusses an sie bzw. den Angeklagten beantragt. Beide Beschlüsse waren mit – in der Hauptverhandlung lediglich mündlich vorgetragenen – umfangreichen (vier- bzw. sechsseitigen) Begründungen versehen.

Die Aushändigung des die Verteidigerzulassung betreffenden Beschlusses war bereits direkt im Anschluss an die Hauptverhandlung durch einen der Verteidiger persönlich beantragt, aber durch den Richter ausdrücklich verweigert worden.6 Auch auf die nachfolgende schriftliche Antragstellung blieb der Richter noch über zwei Monate lang bei der Weigerung, die entsprechenden Schriftstücke an die Betroffenen zu übersenden. Erst nach Erheben einer Dienstaufsichtsbeschwerde und weiterem Drängen der Verteidigung beim dienstaufsichtsführenden Präsidium des LG Görlitz wurde diese Art der praktizierten Geheimjustiz beendet und die entsprechenden Schriftstücke Mitte Februar 2008 – eine Woche vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist – den Betroffenen zugänglich gemacht.

Auf die eingelegte Beschwerde wurde den Verteidigern die entzogene Zulassung zwar vom LG Görlitz wiederum erteilt; die Entscheidung konnte jedoch aufgrund der durch Ronsdorf bewusst erzielten Verzögerung erst nach Verstreichen der Frist für die Revisionsbegründung erreicht werden, wodurch der Angeklagte gezwungen war, einen bislang mit dieser Sache noch nicht befassten Rechtsanwalt zu beauftragen.

Staatsanwaltschaft »schützt« Amtsrichter durch Sperrberufung

Währenddessen sah sich die Staatsanwaltschaft mit der Aufforderung der Verteidigung konfrontiert, ihr ausschließlich taktisches Rechtsmittel zurückzunehmen und damit den Weg freizumachen für eine revisionsrechtliche Überprüfung der Vorgänge vor und während der Hauptverhandlung am AG Zittau.

Der Berufungsbegründungsschrift der Staatsanwaltschaft vom Januar 2008 war die Schwierigkeit, legitime Gründe für eine Rechtsmitteleinlegung darlegen zu können, anzusehen. Die Unbekümmertheit, mit der hier Strafzumessungserwägungen aus der Luft gegriffen und neu erfunden werden, um das (vorgebliche) Ziel einer schärferen Bestrafung des Angeklagten zu drei bis sechs Monaten zu rechtfertigen, ist geradezu beeindruckend.

Da heißt es, der »bisherige Prozessverlauf und das Auftreten des Angeklagten« vor Gericht, »z. B. seine Weigerung, sich bei Urteilsverkündung zu erheben«,7 zeige, dass es »hier nicht um einen ›normalen‹ Totalverweigerer und seine Gewissensentscheidung« gehe; vielmehr lasse „der Angeklagte zu, dass der Prozess dazu benutzt wird, um die vermeintliche Unfähigkeit u. Willkür des erkennenden Gerichts zu demonstrieren“. Dies möchte die Staatsanwaltschaft als »Hintergrund und Nachtatverhalten« verstanden wissen, welches hätte in die Strafzumessungserwägungen mit einfließen und »zu einer kurzen Bewährungsstrafe führen müssen, die sich nicht am untersten Strafrahmen« orientiere.8 Das Rechtsmittel zurückzunehmen, lehnte die Staatsanwaltschaft Görlitz rundweg ab, allenfalls über beidseitigen Rechtsmittelverzicht könne man sich unterhalten.

Die nachfolgende Anrufung der aufsichtsführenden Generalstaatsanwaltschaft Dresden sowie des sächsischen Justizministeriums erbrachten zwar keine Änderung dieser Entscheidung, aber mehr Klarheit in die Verhältnisse: In einer Stellungnahme gab der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Görlitz, Uebele, in selten anzutreffender Offenheit an, dass »in einer derartigen Fallgestaltung eine Berufung der Staatsanwaltschaft auch den Zweck haben könne, den Amtsrichter zu schützen«.

Schließlich wurde das für die Berufung zuständige LG Görlitz damit befasst. Die Verteidigung beantragte, die Berufung der Staatsanwaltschaft gem. § 322 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Die Staatsanwaltschaft könne ihr Rechtsmittelziel einer schärferen Bestrafung schon in sachlicher Hinsicht nicht begründen, da die angegebenen Gründe nicht einen einzigen zulässigen Strafzumessungsgesichtspunkt enthielten. Zudem setze sich das Rechtsmittel in Widerspruch zu den hierfür geltenden Bestimmungen der RiStBV,9 da ein offensichtliches Missverhältnis zwischen der Erstverurteilung (zwei Monate) weder zum Antrag der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung (drei Monate) noch zum von ihr angegebenen Berufungsziel (3-6 Monate mit Bewährung) bestehe und die Berufung der Staatsanwaltschaft nachweisbar lediglich dem Ziel diene, die mit der Revision des Angeklagten angestrebte Überprüfung des amtsrichterlichen Vorgehens zu verhindern. Daher handele es sich vorliegend um eine rechtsmissbräuchliche Sperrberufung, die als unzulässig zu verwerfen sei.10

Landgericht will kein »kein juristisches Neuland betreten«

Von ihrem offiziellen Berufungsziel einer Strafschärfung – an dem die Staatsanwaltschaft über Monate hinweg festgehalten hatte – ging sie nun in der Berufungshauptverhandlung Anfang September 2008 ohne jede Begründung plötzlich ab, um nun selbst eine mildere Bestrafung in Form der dann auch verhängten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu beantragen. Damit war ironischerweise aus der ursprünglich zum Nachteil des Angeklagten eingelegten Berufung der Staatsanwaltschaft unter der Hand ein Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten geworden – das aber gleichwohl die Revision des Angeklagten hinderte, zum Zuge zu kommen. Obwohl der von der Verteidigung erhobene Vorwurf der Sperrberufung damit Zweifel nicht mehr zuließ, blieb dies letztlich ohne Folgen: Auch bei derart klarer Tatsachenlage weigerte sich das LG, die Berufung der Staatsanwaltschaft aus dem Rennen zu nehmen. Kernsatz der mündlichen Begründung: Das Gericht wolle »kein juristisches Neuland betreten ...«

In der schriftlichen Urteilsbegründung führt das LG Görlitz dann aus, dass die Regelung in Nr. 147 Abs. 1 S. 4 RiStBV11 hier »schon nach ihrem Wortlaut« nicht eingreife, denn die Staatsanwaltschaft habe das Urteil nicht in Reaktion auf ein Rechtsmittel des Angeklagten angefochten, sondern ihre Berufung zuerst eingelegt.12 Dagegen läge ein »offensichtliches Missverhältnis « i.S.d. S. 3 vor, denn »ausweislich ihrer Berufungsbegründung vertritt die Staatsanwaltschaft die Auffassung, dass eine Freiheitsstrafe zwischen 3 und 6 Monaten hätte verhängt werden müssen« – die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft in der Berufungsverhandlung aber lediglich eine Geldstrafe beantragt hatte, findet nicht einmal Erwähnung.13

Resümee

Damit hat das Verfahren seinen Abschluss gefunden. Was bleibt, ist eine klare Niederlage für den Rechtsstaat. Erschreckend ist natürlich bereits, dass ein Richter am Amtsgericht sich so wenig an Recht und Gesetz gebunden fühlt, dass er meint, derart willkürlich agieren zu dürfen. Fast schwerer noch wiegt aber die Tatsache, dass es in der sächsischen Justiz offenbar niemanden gibt, der sich dazu berufen fühlt, ihm bei diesem Tun in den Arm zu fallen.

Die hier angesprochenen Fragen des Rechtsmittelrechts – insbesondere hinsichtlich der Wehrmöglichkeiten gegen staatsanwaltschaftliche Sperrberufungen – erscheinen bislang noch weitgehend als »weiße Flecken« auf der juristischen Landkarte: Judikatur ist hierzu kaum auffindbar, aber auch in dogmatischer Hinsicht scheint das Thema »unterbelichtet«. Es wäre daher lohnenswert, dies einmal detaillierter zu untersuchen.

 

Die Autoren haben als nichtanwaltliche Verteidiger gem. § 138 abs. 2 StPO in diesem Verfahren mitgewirkt. Das vorliegende Verfahren ist mit vollständigen Schriftsätzen und Aktenstücken im internet dokumentiert: tkdv-zittau.blogspot.com .

 

Fußnoten:

1 U. a. Karl Peters, Adolf Arndt, Hans-Ulrich Evers, Claus Roxin, Klaus Stern, Heinrich Hannover, Cornelius Nestler-Tremel und Ernst Gottfried Mahrenholz.

2 Obwohl dies gerade nicht zu den Voraussetzungen einer Zulassung gem. § 138 Abs. 2 StPO gehört; vgl. hierzu Meyer-Goßner, § 138, Rdn. 8 u. 13.

3 Ironischerweise war das das RBerG ablösende Rechtsdienstleistungsgesetz zwei Tage verabschiedet worden (mit Inkrafttreten am 1.7.2008); historisch ging dieser Wechsel gerade auf ein Verfahren von 1998 wegen angeblichen Verstoßes gegen das RBerG gegen einen der drei Verteidiger zurück. Der Zittauer Beschluss dürfte wohl historisch der Letzte sein, mit dem von der durch das RBerG geschaffenen Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde, unliebsame Nicht-Anwälte auch von der sonstigen juristischen Vertretung auszuschließen – dies war immerhin eine der Hauptstoßrichtungen, mit denen das RBerG am 13.12.1935 ausgestattet worden war.

4 Unabhängig davon, ob hier ein Fall notwendiger Verteidigung vorliegt (vgl. etwa LG Bremen, StV 1996, 372), stellt der überraschende Ausschluss der Verteidigung in Kombination mit der anschließenden Weigerung, die dringend gebotene Aussetzung der Hauptverhandlung zu gewähren, eine Beschränkung der Verteidigung in einem wesentlichen Punkt und Verletzung rechtlichen Gehörs und der richterlichen Fürsorgepflicht dar, vgl. BayObLG, NStZ 1988, 281.

5 Vgl. hierzu die Regelung des § 335 Abs. 3 S. 1 StPO, wonach eine Revision bei gleichzeitig eingelegter Berufung der Gegenseite – solange sie nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen ist – ebenfalls als Berufung zu behandeln ist.

6 Mit den Worten: »Sie sind ja gar nicht beschwerdeberechtigt! « – was allerdings völlig abwegig ist, vgl. Meyer-Goßner, § 138 Rd. 21ff.

7 Darüber hinaus hatte es im Übrigen lediglich einen Angeklagten gegeben, der durchgehend geschwiegen hat.

8 M. a. W. ein Abrücken von dem nach BVerfGE 23, 127 (134) bei Totalverweigerern gegenüber Gewissenstätern anzuwendenden Wohlwollensgebots, obwohl weder der Sitzungsvertreter der StA noch das Urteil des AG die Gewissensentscheidung des Angeklagten bezweifelt, sondern ausdrücklich festgestellt hatten.

9 Nrn. 147 Abs. 1 S. 3 u. 4: »Zur Nachprüfung des Strafmaßes ist ein Rechtsmittel nur einzulegen, wenn die Strafe in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Schwere der Tat steht. Die Tatsache allein, dass ein anderer Beteiligter ein Rechtsmittel eingelegt hat, ist für den Staatsanwalt kein hinreichender Grund, das Urteil ebenfalls anzufechten.«

10 In dieser Richtung auch: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.06.03 – 2 VAs 36/02 – n.v. und NJW 2004, 2887.

11 Vgl. Fn. 9.

12 Selbstverständlich wendet sich die Regelung generell gegen Rechtsmittel der StA, die in Abhängigkeit von Rechtsmitteln anderer Beteiligter eingelegt oder aufrechterhalten werden; vgl. auch Nr. 148 RiStBV über »vorsorgliche Einlegung«.

13Daneben, und dies hatte die Verteidigung detailliert ausgeführt, wäre auch bei tatsächlich geforderten drei bis sechs Monaten nicht von einem offensichtlichen Missverhältnis auszugehen; vgl. OLG Karlsruhe, NJW 2004, 2887 und Amelunxen: Die Revision der Staatsanwaltschaft (1980), S. 8, 28; sich dem anschließend Leonhard: Rechtsmittelermessen der Staatsanwaltschaft (1994), S. 352f.